Gelsenkirchen. . Bei der Hauptversammlung der Bogestra in Gelsenkirchen am Freitag gab es unterm Strich mehr Lob als Kritik für die Arbeit des Nahverkehrsunternehmens von den Aktionären. Allerdings gab es Anregungen, den Takt besser an die Ladenschlusszeiten und Arbeitszeiten von Dienstleistern anzupassen.

Viel Lob, vereinzelte Kritik wegen nicht passenden Anschlüssen zu Nachbarstädten bzw. Regionalbahnen und zu geringer Anpassung an die veränderten Arbeitszeiten der Bevölkerung gab es bei der Hauptversammlung der Bogestra am Freitag im Maritim. Nur etwa 80 Kleinaktionäre fanden den Weg in den gut gekühlten Saal. Ohnehin sind nur 0,2 Prozent der Bogestra-Aktien in privater Hand. Die Dividende für die Aktionäre besteht – neben dem gedruckten Geschäftsbericht – im leckeren Mittagsessen am Ende der Versammlung.

„Perverse Konstellation“

Dr. Burkhard Rüberg, Bogestra-Vorstand Finanzen, Marketing und Kundenservices, beschränkte sich in seiner Rede nicht auf die Erläuterung der – eher positiven, die WAZ berichtete – Bilanz des Geschäftsjahres 2012. Er verteilte auch Mahnungen an die Politik. Wenn nicht umgehend in die gesamte Verkehrsinfrastruktur investiert werde, stünde man bald vor einer „wirtschaftlich perversen Konstellation“. Dann würden Sanierungsarbeiten teurer als Neubaumaßnahmen.

7,2 Milliarden fehlten jährlich bundesweit für Investitionen in die Infrastruktur, so Rüberg. Bei der Bogestra selbst bestehe bis 2025 eine Deckungslücke von 170 Millionen Euro. Die Alternativen sind seiner Meinung nach eine steuerbasierte Lösung oder eine PKW-Maut.

An Ladenschluss anpassen

Dirk Grenz vom Regionalverband Ruhr des Fahrgastverbands ProBahn reicherte sein Lob für die Bogestra mit einigen Anregungen an: So sei es heute wohl eher nicht mehr nötig, Bahnen ab vier Uhr morgens im zehn Minuten-Takt etwa in Wanne-Eickel nach Hannibal fahren zu lassen, da heute dort eher Dienstleister als Stahlarbeiter im Schichtdienst arbeiteten. Stattdessen wäre es vermutlich hilfreicher, den engen Takt abends bis nach Ladenschluss länger beizubehalten. Der 30-Minuten-Takt ab 20 Uhr sei nicht zeitgemäß.

280 Stimmen in der Bogestra-Versammlung hat die Stadt Herne. Ihr Hauptnahverkehrsanbieter ist die HCR.
280 Stimmen in der Bogestra-Versammlung hat die Stadt Herne. Ihr Hauptnahverkehrsanbieter ist die HCR. © WAZ

Allzu optimistisch seien zudem oft die Anschlussvorschläge bei den Routenplänen des VRR. Binnen einer Minute von der Regionalbahn oben in die Stadtbahn unten umzusteigen, das dürfte nicht einmal einem gut trainierten jungen Menschen gelingen.

Lob hatten die Aktionäre explizit noch für die neuen Servicekräfte in den Bahnen und das gedruckte reale Fahrplanheft. Verbesserungsbedarf sah Dirk Grenz vom Verkehrsclub Deutschland noch bei den Anschlüssen zu benachbarten Nahverkehrsunternehmen im VRR.

Der Entlastung für Aufsichtsrat und Vorstand stimmten alle außer einer Kleinaktionärin zu.

Die Bogestra in Zahlen

600 000 Stimmen zählt die Hauptversammlung der Bogestra, von denen die Mehrheit jedoch in Bochumer (50,01 Prozent) und Gelsenkirchener Hand ist.

48,2 Prozent hält Gelsenkirchen.

5000 Schüler weniger gibt es in Gelsenkirchen und Bochum wegen des demografischen Wandels. Jeder zweite Schüler hat ein Schokoticket.

144,9 Mio. Fahrgäste wurden 2012 Bogestra-weit registriert, das sind 300 000 mehr als im Vorjahr.

8,77 Mio. Euro gab die Bogestra 2012 für Dieselkraftstoff aus – 1,5 Mio mehr als im Vorjahr. In Gelsenkirchen läuft derzeit ein Projekt zu wirtschaftlichem Fahren. Mit dem Ziel, dadurch bis zu 5 Prozent der Spritkosten sparen zu können; 400 000 Euro wären das.