Gelsenkirchen.

Mit dem Abiball ist die Schullaufbahn endgültig vorbei, das Abitur bestanden und gefeiert. Der Eintritt ins „richtige“ Leben – und die verschiedenen Angebote nehmen immer weiter zu. Eine Herausforderung für die Schulabgänger, im Dschungel zwischen Studium, Ausbildung und Ausland den für sich richtigen Pfad zu finden. Und mit dem Doppeljahrgang stehen in diesem Jahr ungleich mehr vor dieser Aufgabe.

Um dem (fast) überall stets steigenden Numerus Clausus und den überfüllten Hörsälen zumindest vorerst zu entkommen und obendrein womöglich Wartesemester zu sammeln, legen viele Abiturienten gleich mal eine Pause ein: Ins Ausland wollen sie, als Au Pair oder „Backpacker“ mit einem sogenannten „Work & Travel-Programm“.

Alleine klarkommen auf der anderen Seite der Welt

Während man als Au Pair den geregelten Alltag bei einer Gastfamilie genießt und auf die Kinder aufpasst, verspricht der zweite Ansatz mehr Abenteuer: Nicht zu wissen, wo man in einer Woche schläft und wie man sich sein Geld verdient, ob auf dem Feld oder in einer Bar, ermöglicht viele Facetten eines Landes kennenzulernen. Und bei allem Spaß und Abenteuer auch Erfahrungen für das restliche Leben mitzunehmen: alleine klarkommen, auf der anderen Seite der Welt – mit Abstand das beliebteste Backpackerziel ist Australien.

Gelsenkirchener nach dem Abi

"Mit einer Freundin habe ich einen Work & Travel-Aufenthalt in Australien organisiert. Dann möchte ich Wirtschaftspsychologie studieren, im Moment sammle ich Erfahrung in einer Bank – dahin zieht es mich am meisten."Lisa Friedrich (19), Gauß-Gymnasium © WAZ
"In der 11 hatte ich Angst, durch einen Auslandsaufenthalt zu viel zu verpassen. Bald aber gehe ich für zehn Monate als Au Pair an die Ostküste der USA. Danach will ich Grundschullehramt oder Soziale Arbeit studieren."Lena Völker (19), Gauß-Gymnasium © WAZ
"Eine Ausbildung zu machen, kam nicht in Frage, ich mochte den Schulalltag und will deshalb lieber studieren. Geowissenschaften interessieren mich momentan am ehesten, ganz sicher bin ich mir aber noch nicht."Mustafa Bozan (17), Grillo-Gymnasium © WAZ
"Nach einem Studium der Politikwissenschaften möchte ich in einem Entwicklungsland aktiv werden. Am liebsten in einem Balkanland, ich bin gebürtige Albanerin. Mein Plan B wäre: beim Auswärtigen Amt bewerben."Enxhi Seli (19), Ricarda-Huch-Gymnasium © WAZ
"Nachdem ich in der 10. Klasse sieben Monate um die Welt gesegelt bin, steht für mich fest: ich will Kapitän zur See werden. Nach der Ausbildung zum nautischen Offiziersassistenten will ich Nautik studieren."Joshua Vennemann (18), Ricarda-Huch-Gymnasium © WAZ
"Im September fliege ich für zehn Monate mit einer Freundin nach Australien, wir absolvieren ein Work & Travel-Programm. Danach will ich Luft- und Raumfahrttechnik studieren – große Flugzeuge fand ich schon immer toll."Lukas Möller (18), Schalker Gymnasium © WAZ
"Meinen Plan B, Elektrotechnik zu studieren, hänge ich an den Nagel. Ich gehe zur Landespolizei. Ich freue mich, da die Arbeit abwechslungsreich ist und viele Möglichkeiten bietet; Sicherheit im Beruf ist mir wichtig."Benedikt Büscher (18), Ricarda-Huch-Gymnasium © WAZ
"Zum Wintersemester möchte ich Kultur- und Sozialanthropologie studieren. Das Studium ist breit gefächert und nicht auf eine Kultur beschränkt. Ich hatte auch ein FSJ und einen Auslandsaufenthalt in Kanada im Auge."Sobitha Balakrishnan (18), Grillo-Gymnasium © WAZ
"Ich will auf jeden Fall ausziehen – gerne nach Münster, da möchte ich Mathe und Psychologie studieren. An anderen Unis werde ich mich auch bewerben. Ins Ausland würde ich gerne, aber das ginge auch nach dem Studium."Stella Joswig (19), Evangelische Gesamtschule © WAZFotoPool
"Meine Eltern sind Ärzte, ich will auch Medizin studieren. Mit meinem Schnitt von 2,0 klappt es dieses Jahr wahrscheinlich noch nicht, die Zeit würde ich dann sinnvoll nutzen, arbeiten und reisen, gerne nach Australien."Janis Kohsik (19), Evangelische Gesamtschule © WAZFotoPool
"Sich in Menschen zu versetzen und zu verstehen, wie sie gestrickt sind, das interessiert mich – deshalb möchte ich Psychologie studieren. Wenn es nicht klappt, könnte ich mir auch das Eventmanagement gut vorstellen."Lea Ott (18), Evangelische Gesamtschule © WAZFotoPool
"Ich beginne eine Ausbildung zur Veranstaltungskauffrau. An der Uni hätte ich mich zu sehr in die Schule zurückversetzt gefühlt – und mit der bin ich ja jetzt fertig und will lieber gleich das Arbeitsleben kennenlernen."Laura Braunsberg (18), Grillo-Gymnasium © WAZ
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Überbrücken lässt sich die Zeit bis zum Studium ebenfalls mit einem Freiwilligen Sozialen Jahr (FSJ) oder Freiwilligen Ökologischen Jahr (FÖJ). Junge Erwachsene engagieren sich für die Menschen oder für die Umwelt – ob im Kinderheim nebenan oder auf einem anderen Kontinent. Auch Projekte für Freiwilligendienstler sind über die ganze Welt zerstreut zu finden.

Manche wollen auch sofort studieren

Und natürlich wollen manche sofort studieren oder eine Ausbildung beginnen. Einen deutlichen Unterschied zwischen G8- und G9-Abiturienten hinsichtlich ihrer Zukunftsplanung gibt es nicht – manche wissen genau, wo sie hinwollen. Doch auch, wenn sich viele nicht sicher sind, was sie langfristig erreichen wollen, haben doch die meisten konkrete Vorstellungen, was die unmittelbare Zukunft bringt und wo ihre Interessen liegen. Zur Not studiert man halt erst mal, was einen am meisten anspricht.

Wir haben nachgefragt – an vier Gymnasien und einer Gesamtschule: „Wo wollt ihr hin und was wollt ihr erreichen?“