Sie hat erlebt, wie die letzten Pferdewagen über Gelsenkirchens Straßen klapperten und die ersten Autos in Rotthausen einfuhren. Ein ganzes Jahrhundert voll mit Ereignissen und persönlichen Erinnerungen liegt hinter Elfriede Wolter. Heute feiert die rüstige alte Dame ihren 100. Geburtstag im Kreise ihrer Liebsten. Denn sie sind das größte Geschenk in ihrem Leben.

Ihren Stadtteil hat Elfriede Wolter nur ungerne verlassen. „Jedes Mal, wenn sie woanders war, bekam sie Heimweh nach Rotthausen“, berichtet ihr Sohn Lothar Wolter. Und seine Mutter nickt. Die alte Dame hört nicht mehr so gut, ist aber durchaus gesprächig, wenn man laut nach ihrem Rezept für ein langes Leben fragt. „Nie geraucht, nie Alkohol getrunken und nie Sport getrieben“, lacht die Familie.

Geboren und aufgewachsen ist Elfriede Wolter in Gelsenkirchen, als eines von acht Kindern. „Wir hatten damals wenig, waren damit aber zufrieden“, sagt die bescheidene Frau. In Rotthausen sind die Geschwister groß geworden, haben auf der Schonnebecker Straße „Schlagball gespielt“. Als sie ihren ersten Mann kennen lernte, verließ sie 1934 die geliebte Heimat und folgte ihm nach Korbach. Dort kümmerte sie sich während des Zweiten Weltkrieges beim Roten Kreuz um Verletzte im Lazarett. Dann fiel ihr Mann als Soldat in Russland und Wolter kehrte ins Revier zurück. Sie lernte ihren zweiten Mann kennen, heiratete und bekam zwei Kinder.

Liebevoll kümmert sich heute der 61-jährige Sohn zusammen mit seinem Schwager, dem Witwer seiner verstorbenen Schwester, um die Mutter. „Auch er ist wie ein Sohn für mich“, sagt Elfriede Wolter. Seit 2010 lebt sie im Amalie-Sieveking-Haus in der Feldmark – nur wenige Meter von den Kindern entfernt. Mit Hilfe ihres Rollators kann sie die Familie auch zu Fuß besuchen. „Bewegung tut gut.“ Gerne singt sie gemeinsam mit den anderen Bewohnern Volkslieder wie „Wenn alle Brünnlein fließen“ oder spielt Bingo. Zu ihrem Ehrentag kommt auch die Enkelin mit den beiden Urenkeln vom Bodensee nach Gelsenkirchen. Darüber freut sich die 100-Jährige sehr. „Gefeiert wird in einer Gaststätte“, berichtet sie. Und gibt zu, ein wenig aufgeregt zu sein – schließlich wird man nicht alle Tage 100 Jahre alt. Aber die Gelsenkirchenerin bleibt pragmatisch und sagt: „Ich trag’s mit Fassung.“