Gelsenkirchen. . Ex-Mitarbeiter der Betriebshöfe in Gelsenkirchen klagen vor Gericht gegen ihre Kündigungen wegen eines Selbstbedienungssystems. Zwei Mitarbeiter bekamen schon Recht. Das System flog auf, weil Mitkassierer plauderten. Ein Kronzeuge soll angeblich von einem Bandido unter Druck gesetzt worden sein.

Die Stadt Gelsenkirchen wollte mit den Kündigungen von zwölf Gelsendienste-Beschäftigten einen Schlussstrich unter das offensichtliche Selbstbedienungssystem einiger Mitarbeiter in den Betriebshöfen ziehen. Doch immer mehr Ehemalige klagen vor dem Arbeitsgericht gegen die Kündigungen. In zwei Fällen bekamen Kläger Recht.

Die Stadt muss sie weiter beschäftigen, hofft auf die nächste Instanz vor dem Landesarbeitsgericht. Doch zunächst muss sie nicht nur die neu eingestellten Mitarbeiter bezahlen, sondern auch die ehemaligen, die bei vollen Bezügen freigestellt sind.

Ähnlicher Verlauf in weiteren Fällen

Ein ähnlicher Ablauf könnte der Stadt Gelsenkirchen erneut in zwei Fällen drohen. Die beiden ehemaligen Mitarbeiter, die jetzt ihrem früheren Arbeitgeber im Arbeitsgericht gegenüber saßen, halten die Kündigungen für völlig ungerechtfertigt. Wie schon in anderen Verfahren, so bemängeln die Rechtsvertreter der Kläger die konkreten Hinweise auf Ort und Zeitpunkt der vermeintlichen Geldübergabe.

Dass Geld geflossen ist, bestreiten die beiden Männer indes nicht. Sie bezeichnen es aber als Trinkgeld. Die Trinkgeldversion, so wirft die Stadt allen Beteiligten vor, sei bei einem Treffen am 10. November im Café del Sol abgesprochen worden. Für die Verabredung zu diesem Treffen gibt es Zeugen.

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Ins Rollen kam das Betrugssystem durch ehemalige Beteiligte, die sich der Stadt offenbarten. Wenn das kassierte Geld nicht direkt in die eigene Tasche gewandert sei, habe man den Trick mit der Quittung gewählt. Sie wurde zweimal benutzt, aber nur einmal über die Kasse abgerechnet.

Zeugen hatten auch die beiden Kläger als Profiteure des Systems angegeben. Die Stadt hält sie durch deren Schilderung für überführt. Durch ihre Kronzeugenfunktion erreichten die einst aktiven Mitkassierer ihre Weiterbeschäftigung. Einer der „Verräter“ soll als Druckmittel während der Arbeitszeit Besuch von einem Motorradclub-Mitglied der Bandidos erhalten haben. Einer der beiden jetzigen Kläger, ein Mann von kräftiger Statur, soll sogar gedroht haben, einen Informanten totzuschlagen, wenn er ihn erwische.

Juristische Beurteilung ist schwierig

Die Vorsitzende der 2. Kammer geht von einem funktionierenden Unterschlagungssystem aus, hält jedoch eine eindeutige juristische Beurteilung für sehr schwierig. So müssen Antworten gegeben werden, ob die Verwaltung ihrer Anhörungspflicht ausreichend nachgekommen ist und ob dazu noch ein dringender Tatverdacht vorgelegen hat?

Am 19. Juni will die Kammer eine Entscheidung verkünden. Inzwischen hat die Staatsanwaltschaft die Anklage gegen mehrere ehemalige Mitarbeiter vorbereitet.