Gelsenkirchen.

„Ich kannte den Stadtteil vorher gar nicht, als ich 2001 hier hingezogen bin“, erinnert sich Byeongil Yun, Vorsitzender des Kulturvereins Eurasia, schmunzelnd in seiner Eröffnungsrede zur großen Ausstellungsaktion „Tür auf“. Die Galeriemeile in Ückendorf lud am Wochenende wieder zum beliebten Blick hinter die Kulissen ein.

Byeongil Yun ist in Ückendorf heimisch geworden und sein Verein, der junge koreanische Musiker auf ein Hochschulstudium vorbereitet, ist längst eine der Triebfedern im Kreativquartier Ückendorf. Der Stadtteil war, ganz entgegen seinem Ruf, auch diesmal wieder einen Besuch wert.

„Es passiert viel in Ückendorf, was nicht jeder kennt“, machte Oberbürgermeister Frank Baranowski Werbung für den Blick über den Tellerrand. Sein Wunsch: Mehr Menschen sollen von dem unterschätzten Stadtteil erfahren. Der OB wurde auch bei der Eröffnung der Aktion „Tür auf“ nicht müde darauf hinzuweisen, dass Ückendorf die höchste Galeriedichte im Ruhrgebiet aufweist. In der Tat reiht sich entlang der Ückendorfer Straße über die Bergmannstraße bis hin zur Kunststation Rheinelbe eine Galerie nach der anderen wie eine Perlenkette auf.

Musik, Vorträge, Lesungen

Insgesamt elf Kunstorte öffneten am Samstag und Sonntag ihre Pforten und lockten interessiertes Publikum an. Neben den Arbeiten in den Ateliers, die das Spektrum von zeitgenössischer über ältere Kunst bis hin zur Fotografie abdeckten, gab es jede Menge Musik, Vorträge und Lesungen. Dazu kam noch eine im Wissenschaftspark angesiedelte attraktive Fotoausstellung.

Auch lokale Gastronomen machten dem Gästen an dem Wochenende besondere Angebote, von der „Galeriemeilen-Ente“ bis zum „Kültür-Döner“.

Die Eröffnung am Samstag in der Heilig-Kreuz-Kirche, die weit über die Stadtgrenzen hinaus als herausragendes Beispiel des Backsteinexpressionismus bekannt ist, wurde mit einem Konzert des Gelsenkirchener Bach-Chores gefeiert. „Nie war der Slogan ‘Tür auf’ so passend wie heute“, freute sich Frank Baranowski über die Möglichkeit „endlich wieder in den faszinierenden Innenraum der Heilig-Kreuz-Kirche zu gelangen“.

Kunstbummel bei strahlendem Sonnenschein

Die Kirche ist seit 2007 außer Dienst gestellt, wurde für „Tür auf“ aber mit künstlerischem Leben gefüllt. An beiden Aktionstagen waren Werke von international renommierten Künstlern wie dem Chinesen Yitang Zhao oder dem Süd-Koreaner Taemo Yang zu sehen, aber auch regionale Größen stellten im Kirchraum aus. Danach lud Ückendorf bei strahlendem Sonnenschein zum „Kunstbummel“ ein.

Im Atelier „artdepot“ von Renate Brändlein wurde es richtig voll. Neugierige Besucher und alte Bekannte schauten sich an, wie die Künstlerin aus Wegwerfartikeln bunte Skulpturen fertigt oder zogen sich aus einem umfunktionierten Zigarettenautomaten ein Stück Kunst zum Mitnehmen. Roman Pilgrim besuchte zum ersten Mal das kleine Atelier.

Im Winter heißt es „Licht an“

„Ich habe zwar bei der Aktion ,Licht an’ im Winter schon einige Galerien besucht, aber die hier hatte ich nicht mehr geschafft“, erzählte der 28-Jährige. Vor zwei Jahren ist Pilgrim in die Bergmannstraße gezogen. „Damals wusste ich gar nicht, dass es hier so viele Galerien gibt.“

Ein echter Glücksgriff, denn der gebürtige Bismarcker interessiert sich nicht nur für Kunst, sondern malt auch selbst. „Und hier kann man sich Inspiration holen.“ An der Tür auf-Aktion beeindrucke ihn die Gemeinschaft, mit der die Künstler auftreten, und die Vielfältigkeit der gezeigten Arbeiten.