Seit 46 Jahren ist Achim Wagner beim früheren Schalker Verein beschäftigt. Der heutige Eigentümer Saint Gobain will den ehemaligen Röhrenproduzenten abwickeln und die Fertigung nach Tschechien verlagern. Ende April sollten auch die letzten zwölf Mitarbeiter gehen. Doch sie werden weiterhin gebraucht. So kündigte Saint Gobain den verbliebenen Mitarbeitern noch einmal. Diesmal zum 30. September 2013. Achim Wagner hatte sich gegen die erste wie auch gegen die zweite Kündigung gewehrt und geklagt. Das Arbeitsgericht gab dem Mann jetzt Recht und verurteilte den Arbeitgeber, den 60-Jährigen weiter zu beschäftigen.
Technische Probleme in Tschechien
Das Unternehmen hat offensichtlich unterschätzt, wie lange sich der Zeitraum für die Produktionsverlagerung nach Tschechien hinziehen könnte. Noch werden in Gelsenkirchen Gussformstücke für Wasserrohrsysteme beschichtet. In Tschechien wird gleichzeitig eine Betonieranlage für die Herstellung von Formstücken gebaut. Doch Knowhow und Erfolg der Beschichtung basieren auf langen Erfahrenswerten, die nicht ohne Weiteres von neuen Mitarbeitern sofort erreicht werden können. In Tschechien, räumte Personaldirektor Wolfgang Esser vor Gericht ein, gebe es technische Schwierigkeiten. Zum 30. September werde es endgültig so weit sein, dann habe man das Gelsenkirchener Werk abgewickelt. Das Gericht sah vor allem in der vagen Prognose des Unternehmens einen wesentlichen Grund, sowohl die erste als auch die zweite Kündigung für rechtsunwirksam zu erklären. Denn schon einmal hatte das Unternehmen prognostiziert, die Umstellung auf jeden Fall – damals bis zum 30. April 2013 – abzuschließen.
Ein möglicher Vergleich der Parteien scheiterte an den unterschiedlichen Vorstellungen über eine Abfindung. Der Arbeitgeber wollte lediglich 24 000 Euro überweisen, Achim Wagner sah die Schmerzgrenze bei 60 000 Euro. Zumal einige seiner Kollegen beim Ausscheiden über 100 000 Euro erhalten werden. Man wird sich gewiss vor Gericht wiedersehen. Denn eine Protokollnotiz zum Sozialplan, von Geschäftsführung und dem Betriebsratsvorsitzenden unterzeichnet, führte für Achim Wagner zu einer Verschlechterung der finanziellen Abgeltung. Andere Betriebsratsmitglieder hatten von dem Papier offensichtlich keine Kenntnis.