Essen. Als milde Bestrafung empfand die XV. Essener Strafkammer das Urteil gegen die 35 Jahre alte Gerüstbauerin aus Gelsenkirchen. Mit zwei Jahren und vier Monaten Haft quittierte sie am Freitag die Steuerhinterziehung in Höhe von 340 000 Euro und berücksichtigte dabei, dass die Angeklagte in eine Familie hineingeboren sei, „in der Steuerhinterziehung schon immer eine Rolle spielte“, sagte Richter Jörg Schmitt in der Urteilsbegründung.
2002 hatte die 35-Jährige, deren Vater schon eine Gerüstbaufirma betrieb, die Geschäftsführung der Firma übernommen. Schnell wurde den Finanzbehörden angesichts der Unternehmensbuchhaltung klar, dass Arbeitnehmer schwarz beschäftigt wurden. So kamen manche Gerüstbauer offiziell nur auf ein monatliches Einkommen von knapp 100 Euro. Auffallend war auch, dass ein Unternehmen nach Leipzig zog, die Geschäftsaktivitäten aber weiterhin in Gelsenkirchen stattfanden.
Seit 2007 ermittelten die Behörden gegen die Gerüstbauerin. Im vergangenen Jahr fand dann der erste Prozess gegen sie statt. Richter Schmitt erinnerte daran, „wie unerträglich“ sich die Angeklagte damals aufgeführt habe. Ihr Verhalten heute lobte er dagegen: „Es hat offenbar ein Umdenken bei der Angeklagten stattgefunden. Sie hat erkannt, dass die Verhandlung hier kein Spiel ist.“
Tatsächlich hatte sie direkt zu Beginn des Prozesses ein Geständnis abgelegt und die Verantwortung für die Steuerhinterziehung übernommen. Sie merkte nur an, dass ihr die angeklagten Beträge ein wenig zu hoch erschienen. Doch konkret widersprach sie den aufgelisteten Beträgen nicht, zeigte sie sich kooperativ. Vielleicht hatten persönliche Schicksalsschläge dazu beigetragen, dass sie sich reumütig gab. Außerdem bot sie an, 50 000 Euro als Schadenswiedergutmachung zu zahlen.
Angesichts der hohen hinterzogenen Steuer war es nicht möglich, so Schmitt im Urteil, die von Verteidiger Andreas Neumann geforderte Bewährungsstrafe auszusprechen. Die Angeklagte habe ja auch gewusst, was ihrer Tat folgen werde.