Gelsenkirchen.. Der lange Winter beschert dem Zweirad einen „Platten“. Händler Roland Tertel sagt, worauf es ankommt, wenn man seinen Drahtesel aus dem Winterschlaf holt. „Vieles kann man selber machen“.
Der dunkelste Winter seit Wetteraufzeichnung ist freilich auch an Fahrradgeschäften und Radfahrern nicht spurlos vorübergegangen. „Die Kälte war sehr einschneidend“, sagt Roland Tertel (60), Geschäftsführer des Zweirad-Centers an der Cranger Straße in Erle. Jetzt würden alle in den Startlöchern stehen. Viele Kunden würden sich in seinem Laden zwar Räder anschauen, „aber die Probefahrt bleibt aus“ – zu kalt.
Zehn Grad sollten es schon sein, sagt Tertel. Am Sonntagnachmittag etwa sei schon Fahrradwetter gewesen. Worauf müssen Radfahrer achten, wenn sie ihren Drahtesel wieder ausführen? „Bei vielen Leuten war das Fahrrad im Winterschlaf“, weiß der Zweirad-Händler. Jetzt gelte es unter anderem, Luft nachzupumpen und die Kette zu schmieren. Die Bremsen sollten auf ihre Funktionstüchtigkeit untersucht werden. Roland Tertel: „Sitzen die Speichen stramm? Rappelt etwas?“
Beim Putzen Mängel erkennen
Der 60-Jährige empfiehlt einen Frühjahrsputz am Fahrrad, um etwaige Mängel feststellen zu können. Hängt ein Zug runter? Ist ein Kabel nicht in Ordnung? Besteht Verletzungsgefahr an ausgefransten Bremszügen? „Vieles kann man selber machen“, erklärt Tertel. Die Beleuchtung ist natürlich auch ein ganz wichtiges Thema. Ähnlich wie beim Auto, sollte das Licht nicht einfach nur strahlen. So sollte der Lichtkegel eines Fahrrads nach etwa zehn Metern auf den Boden fallen. Das Zweirad-Center bietet auch entsprechende Inspektionen an. Von Februar bis Mitte März sind die sogar zehn Euro günstiger. Wer kann schon ahnen, dass der Frühling so lange auf sich warten lässt?
Als Trend, so rechnet Roland Tertel für 2013, werde sich das E-Bike weiterhin empfehlen: „Immer mehr jüngere Leute finden das auch toll.“ Bislang seien in der Hauptsache Senioren an den elektrisch betriebenen Fahrrädern interessiert gewesen. Immerhin könne man damit „ohne weiteres zehn Kilometer bis zur Arbeit fahren“.
Ein weiterer Trend seien Nostalgieräder, zum Beispiel vom Hersteller Gazelle. Und die kommen laut Tertel teilweise richtig grell daher. „Jetzt kommen wieder richtige Farben ins Spiel“, sagt er. Seien jüngst eher Schwarz, Grau oder Anthrazit angesagt gewesen, setze die Fahrradindustrie in dieser Saison auf Pastelltöne. Roland Tertel hat sogar einen Drahtesel mit pinken Reifen im Geschäft stehen.
Im Bereich Mountainbike kommen 29-Zoll-Räder auf den Markt. „Das sind 28er-Felgen mit Ballonreifen drauf“, erklärt der 60-Jährige. „Das sorgt für eine höhere Laufruhe.“ 1908 eröffnete Roland Tertels Großvater Johannes das Geschäft an der Cranger Straße.
Neuer Bußgeldkatalog für Radfahrer
Am 1. April ist sowohl der neue Bußgeldkatalog für Radfahrer als auch die neue Straßenverkehrsordnung in Kraft getreten. Auf der einen Seite stehen erhöhte finanzielle Ahndungen von Verstößen, auf der anderen Seite stehen mehr Rechte für Radfahrer.
Wer jetzt ohne Licht fährt, zahlt doppelt so viel wie bisher: 20 Euro werden seit dem 1. April fällig. Wer nicht auf dem Radweg fährt, zahlt 20 Euro (vorher 15 €). Wer falsch in die Einbahnstraße einfährt, ist ebenfalls mit 20, statt wie bisher 15 Euro dabei. Und das Fahren in der Fußgängerzone schlägt mit 15 Euro (vorher 10 €) zu Buche. Telefonieren am Lenker kostet 25 Euro, freihändig fahren 5 Euro.
Am teuersten wird die Überquerung eines Bahnübergangs bei geschlossener Schranke: 350 Euro! Rote Ampel: 45 bis 180 Euro. Die erhöhten Sätze stoßen bei Klaus-Dieter Lenz, dem 2. Vorsitzenden des Allgemeinen Deutschen Fahrrad Clubs (ADFC), Kreisverband Gelsenkirchen, auf Verständnis: „Man muss Grenzen aufzeigen.“ Aber es gibt auch neue Rechte für Radfahrer. Zum Beispiel müssen sie sich zum Abbiegen nicht mehr wie bislang vorgeschrieben ganz rechts auf ihrer Spur aufstellen, sondern können sich in der Fahrbahnmitte platzieren. Für Klaus-Dieter Lenz eine logische Konsequenz: „Der Fahrradfahrer gehört mit auf die Straße. Dort ist er am sichersten.“