Gelsenkirchen. . Dass Karfreitag mit der Kreuzigung zusammenhängt, was die Wiederauferstehung bedeutet: Viele Kita-Kinder haben davon noch nichts gehört. Damit Kinder die Eckpfeiler und Werte der großen Religionen – inklusive Islam – kennenlernen, gibt es in einigen städtischen Kitas in Gelsenkirchen jetzt das Projekt „Religiöse Bildung“.
„Meine Mama hat gesagt, der Osterhase ist nur eine Geschichte,“ verkündet Anna. Leonie und Antonia gucken ein wenig betreten, bei ihnen daheim versteckt der Osterhase schließlich die Eier. Und natürlich die Geschenke, hauchen sie verschwörerisch. Eine Barbie wünscht sich die eine, einen Bibi Blocksberg-Film die andere. Anna hingegen würde sich über einen leckeren Schokoladenosterhasen freuen – und eine Windmühle von Filly.
Karl versteckt die Ostereier für seine kleine, dreijährige Schwester und wünscht sich etwas von Lego Star Wars, ebenso wie De-John. Alle sind übrigens sechs Jahre alt, kommen im Sommer in die Schule und besuchen derzeit noch die Städtische Kita an der Heinrich-Brandhoffstraße in Horst. Diese ist eine von 22 städtischen Kitas, die beim Projekt religiöse Bildung mitmachen.
Zum Kreuzweg, Jesus und der Auferstehung indes fällt den meisten Kindern hier eher wenig ein, obwohl das schon ein Thema in allen Gruppen war. Zum einen ging es dabei um das Osterfest als Fest am Ende des Winters, wo die Natur quasi wieder aufersteht. Aber es ging durchaus auch um den Kreuzweg und der Geschichte von Jesu Tod und Auferstehung.
Aber Kirche spielt bei sehr vielen Kindern daheim keine Rolle mehr, erklärt Kita-Leiterin Heike Kostarellis. Viele gehen mit dem Kindergarten zum ersten Mal in die Kirche, die in ihrem Stadtteil steht. Anna weiß, dass Jesus ans Kreuz geschlagen und dann getötet wurde. Das hat die Mama ihr erzählt. Und Karl wird Ostermontag mit der Oma auch in die Kirche gehen. Sicher ist auch noch manch anderes Kind dabei, dass etwas über den Hintergrund von Ostern weiß, sich aber gerade nicht traut vor der fremden Journalistin. Grundsätzlich jedoch sind die Hintergründe der großen Feiertage kaum noch bekannt.
Ein bisschen Nachhilfe in Sachen Ostern bekommen die Kinder in diesem Jahr von Pastor Michael Grimm. Der erzählt keine Märchen, sondern die Geschichte, wie Jesus nach Jerusalem kam, wie ein König empfangen wurde, das letzte Abendmahl mit Brot und Wein feierte, verhaftet und zum Tod am Kreuz verurteilt wurde. „Verhaftet“ staunt Mustafa. Das hatte er von dem Propheten noch nicht gehört. „Hosianna“ – dieser Lobes- und Hilferuf ist auch allen neu, nach dem zehnten Mal mitsingen kommt es aber ganz locker von den Lippen. „Ist der nackig?!“, fragt einer entsetzt, als das Bild vom Jesus am Kreuz an der Reihe ist. „Nein, der hat doch ne Unterhose“, beruhigt Julien. Und als die Frauen („die heulen ja“) die leere Grabhöhle sehen und dem Engel begegnen, der die Auferstehung verkündet, da wiederholt Ceval erleichtert „der Jesus ist aufgestanden“.
Im Bildungsauftrag verankert
Beim Projekt „Religiöse Bildung“ in städtischen Kitas geht es natürlich nicht darum, Kinder von einer bestimmten Konfession zu überzeugen. Vielmehr ist das – mittlerweile auch im Bildungsauftrag der Kitas verankerte – Ziel, den Kindern die Eckpfeiler des katholischen und evangelischen Christentums sowie des Islam, deren Werte und die Zusammenhänge mit ihrer eigenen Lebenswelt näherzubringen bzw. zu erklären.
„Lange Zeit war für uns Erzieherinnen gar nicht klar, was wir an religiöser Bildung überhaupt anbieten dürfen. Wir sind ja städtische Kitas, mit einem in der Beziehung ganz anderen Auftrag als konfessionelle Einrichtungen“, erklärt Leiterin Heike Kostarellis. Sie ist froh, dass diese Grauzone nun beseitigt ist, dass sie den Pfarrer einladen und mit den Kindern auch in die Kirche gehen darf, wenn die Eltern einverstanden sind. Aber: „Religiöse Bildung bleibt bei uns ein Angebot, keine selbstverständliche Pflicht“. Neben den Besuchen in den Kirchen im Stadtteil inklusive Gottesdiensten, besuchen die Kinder auch Moscheen. Wo möglich, unter Einbeziehung der Eltern.