Gelsenkirchen. . Stephan Sulke macht in der Kaue in Gelsenkirchen Station. Natürlich gibt er auch den Klassiker „Uschi mach kein Quatsch“ zum Besten. Von sich selbst sagt der Sänger: „Ich bereue nichts“

Als Liedermacher, Chansonnier und gefühliger Barde feiert Stephan Sulke seit Jahrzehnten große Erfolge. Bei einem breiten Massenpublikum aber machte ihn 1982 der Song „Uschi mach kein Quatsch“ auf einen Schlag berühmt. Der 69-Jährige kommt am Freitag, 12. April, zu einem Konzert nach Gelsenkirchen in die Kaue. Zuvor sprach die WAZ mit ihm über Uschi, Alter und ewig junge Themen.

Wer an Stephan Sulke denkt, der denkt auch an die Uschi. Ärgert Sie das oder sagen Sie: Mensch, super, nach so langer Zeit!

Weder noch. Uschi ist ja beinahe ein Volkslied geworden, das kann einen ja nur freuen. Eigentlich hatte die Uschi aber Fans bei einem ganz anderen Publikum als meinem eigentlichen. Meines hatte anfangs sogar die Befürchtung, dass ich jetzt kommerziell werde.

Geben Sie den Menschen denn heute noch die Uschi?

Na klar, das wäre sonst eine lächerliche Arroganz, solche Dinge wegzulassen, wenn das Publikum sie hören möchte. Wenn die Zuhörer das Lied wollen, dann singe ich das auch. Zumal: Es hat ja wirklich einen cleveren, ganz hundsgemeinen Text.

Seit nunmehr über 40 Jahren sind Sie als Liedermacher unterwegs. Wie hat sich der Sänger und Texter über die Jahre verändert?

(lacht) Er ist älter geworden. Ich werde von anderen, neuen Gefühlen inspiriert. Aber die Intellektualität ist bis heute nicht so mein Ding, ich denke eher mit dem Herzen. Und das Herz hat ja immer die gleichen Schwingungen. Mein Thema ist und bleibt die Liebe, ein unendliches Thema.

Ihr jüngstes Album heißt „Enten hätt’ ich züchten sollen“. Was bereuen Sie?

Nein, ich bereue nichts. Reue bringt nichts, das ist nur was für Psychopathen. Was gelaufen ist, ist gelaufen. Aber es gibt im Leben schon viele Wegkreuzungen, an denen man sich entscheiden muss, und man wählt nicht immer den richtigen Weg. Der Titel ist vielmehr eine nostalgische, selbstironische Häme über mich selbst.

Was erwartet das Publikum in Gelsenkirchen?

Eine Mischung aus alten und neuen Liedern, aus traurigen und fröhlichen, ein bisschen Klamauk, so wie das Leben eben ist.

Ich versuche, meinem eigenen Niveau treu zu bleiben, nicht drunter zu gehen, aber auch nicht drüber. Ich freue mich immer über mein fantastisches Publikum. Manchmal habe ich das Gefühl, mit gleichgesinnten Menschen zusammen in einem Wohnzimmer zu sitzen.

Sie haben sich in Ihrer langen Karriere immer mal wieder für ein paar Jahre zurückgezogen?

Ja, das hatte unterschiedliche Gründe. Manchmal war ich einfach ausgelaugt, müde. Da muss man ehrlich zu sich selbst sein, spüren, wenn man das heilige Feuer nicht mehr in sich trägt. Ich bin aber auch jemand, der furchtbar offen ist, der nicht verbergen kann, was er denkt. Als Politiker würde ich nur drei Minuten lang durchhalten. Das heißt: Ich ecke auch gern an.

Bedauern, nirgendwo richtig zu Hause zu sein

Wo leben Sie?

Abwechselnd in der Schweiz und in Frankreich. Ich mag aber auch Deutschland sehr. Dieses Land besitzt eine einmalige Mixtur aus großer Toleranz und Ordnung, das schätze ich sehr.

Sie haben sich auf vielen künstlerischen Feldern erprobt, als Autor, Maler, Bildhauer, Musicalkomponist. Wo fühlen Sie sich am ehesten zu Hause?

Ach, ich mag die Schubladenmentalität nicht. Entweder man ist Künstler oder nicht. Künstler haben ein pathologisches Bedürfnis, sich auszudrücken. In welcher Form, ist dann egal. In Wirklichkeit ist alles dasselbe.

In Shanghai geboren, in der Schweiz aufgewachsen, Kontakte in die USA. Wo sind Sie räumlich daheim?

Meine Generation hat tatsächlich das Problem, durch die Welt geschaufelt worden zu sein. Wir sind die wahren Heimatlosen. Der Vorteil: Ich spreche fünf Sprachen fließend. Der Nachteil: Nirgendwo richtig zu Hause zu sein. Manchmal beneide ich den Bauern auf seinem Hof, den er kaum verlassen hat, weil dieser Bauer eine Heimat hat.

Ich habe den Eindruck, dass es zurzeit eine Renaissance der Liedermacher gibt. Sie auch?

Eindeutig Ja. Und das freut mich.