Gelsenkirchen. . Wenn Übergewicht zum gesundheitlichen Problem wird, ist oft ärztliche Hilfe gefragt. Auch wenn krankheitsbedingt die Nahrungsaufnahme zur Qual wird, sind Mediziner die ersten Ansprechpartner. Das Thema „Ernährung“ und Folgeerkrankungen, Tipps und Therapiemöglichkeiten war Schwerpunkt beim Gelsenkirchener WAZ-Medizinforum.
Über Methoden zur Bekämpfung von Übergewicht und über gesunde Ernährung im Alter informierten Spezialisten des St. Josef-Hospitals und des Adipositas Verbandes Deutschland beim WAZ-Medizinforum, das WAZ-Redakteurin Sibylle Raudies in der Glashalle des Schloss Horst moderierte.
Dr. Christa Tewes, Oberärztin der Geriatrie, begann mit dem Thema Mangelernährung. Essen und Trinken bedeute im Alter Lebensqualität, doch oft litten Senioren unter körperlichen Gebrechen und fehlendem Appetit, auch finanzielle Not führe zu einseitiger Ernährung. Damit es nicht zur Mangelversorgung kommt, gab Tewes einfache Tipps: „Wenn Ihr Durstempfinden nachlässt, sollte immer ein volles Glas Wasser dort stehen, wo Sie sich oft aufhalten als Erinnerung ans Trinken. Spezielle Kost brauchen Senioren nicht, es sei denn, sie sind chronisch krank.“ Wichtig sei auch regelmäßige Gewichtskontrolle und Essen in Gemeinschaft.
Lebenslange Umstellung
Dr. Gültekin Sancar, Oberarzt der Inneren Medizin, befasste sich mit dem gegenteiligen Problem, der Fettleibigkeit (Adipositas). Davon spricht man ab einem BMI (Body Mass Index: Körpergewicht durch das Quadrat der Körpergröße geteilt) von 30. Die Ursachen können neben mangelnder Bewegung und falschen Essegewohnheiten auch Medikamente, Essstörungen und (seltener) die Gene sein. Den Kampf dagegen gewinnen könne man nur mit einer drei Säulen-Therapie: Ernährungs-, Bewegungs- und Verhaltenstherapie.
Diese Erfahrung bestätigte Christel Moll, Vorsitzende des Adipositas-Verbandes Deutschland. Sie ist selbst Betroffene und lud die Zuhörer ein, sich einer Selbsthilfegruppe anzuschließen. „Hier können Sie Erfahrungen austauschen, das Netzwerk nutzen und mal raus aus dem Alltag“, sagte sie. In der Gruppe herrsche Diskretion, niemand werde belächelt oder müsse Angst haben, vorgeführt zu werden. „Wo Hausärzte oft nicht weiterhelfen, können wir vermitteln“, berichtete Moll.
Wenn der BMI über 35 liegt und die Drei-Säulen-Therapie über ein Jahr nicht genutzt hat, kann der Chirurg eingreifen. Über operative Methoden klärte Chefarzt Dr. Hans-Peter Harasim auf. „Das Magenband ist die bekannteste Therapie. Dadurch wird die Nahrungsaufnahme zu Beginn um 30% reduziert“, berichtet er. Der auf Dauer erfolgreichste, aber auch aufwendigste Eingriff ist ein Magenbypass, der verhindert, dass die Nahrung komplett verwertet wird, indem ein Bypass in den Dünndarm gesetzt wird. Beim Magenschlauch wird ein Teil des Magens abgeklemmt. Alle OPs werden per Schlüsselloch-Technik durchgeführt, dennoch bleibe ein überschaubares Restrisiko. Ohne lebenslange Umstellung des Essverhaltens funktioniere aber auch das nicht, mahnte Harasim.
Drei oder fünf Mahlzeiten?
Am Ende der Vorträge zum WAZ-Medizinforum ist immer Zeit, den Experten die eigenen Fragen zu stellen. Eine Leserin wollte wissen, ob auch der Kaffee beim Frühstück zur Deckung des Flüssigkeitsbedarf zähle. Dr. Christa Tewes antwortete: „Kaffee zählt auch zur Tagesration. Aber das Beste ist Kaffee in großen Mengen nicht.“ Darauf die Zuschauerin kokett: „Ach, mein Kaffee regt nicht auf!“
Eine Frage zu operativen Therapiemethoden kam von einem jungen Mann. „Wenn ich mir ein Magenbypass legen lasse, kann im Alter auch Mangelernährung auftreten?“ Dr. Hans-Peter Harasim bestätigte, dass dieses Risiko immer bestehe. Bei jedem Patienten werde nach der OP deshalb immer geschaut, dass der Vitaminverlust mit Präparaten ausgeglichen werde. „Der Patient braucht eine lebenslange Nachsorge. Und Ernährungsumstellung“, so Dr. Harasim.
Das Abnehmen weniger Kilos war auch ein Thema. „Soll ich dafür dreimal oder fünfmal am Tag essen?“ Darauf antwortete Dr. Tewes: „Bei gesunden Menschen sind drei Mahlzeiten am Tag genug. Bei Senioren ist das Essen ganz wichtig. Sie sollten fünf kleine Portionen essen, denn mit jeder Nahrung wird Insulin ausgeschüttet, das den Appetit anregt.“
Über „Operationen bei Adipositas“ informiert am Mittwoch, 17. April, ab 18 Uhr im St. Josef-Hospital (Rudolf-Bertram-Platz 1) Chefarzt Dr. Harasim Interessierte detailliert. Die Adipositas Selbsthilfegruppe trifft sich jeden vierten Mittwoch im Monat, 19 Uhr, im St. Josef. Nächster Termin: 24. April.