Gelsenkirchen. . Optisches Messsystem hört auf den Namen EOS 3.0 und ermöglicht die Geschwindigkeitserfassung nachts und auch im Tunnel oder an hügeligen Stellen. In einer Stunde 50 Sünder auf der Willy-Brandt-Allee in Gelsenkirchen erfasst

Die Polizisten Markus Topheide und Eckhard Wittulski müssen nicht lange warten. Die Willy-Brandt-Allee ist an diesem Montagmittag fast schon gespenstisch leer, schnurgerade Fahrbahnen laden im lichten Sonnenschein geradezu ein, den Wagen einfach mal rollen zu lassen. Die Anzeige auf dem grauen Touchscreen-Display schlägt plötzlich in leuchtendem Rot Alarm. „Dunkler Golf, Kennzeichen GE- . . .“, gibt Markus Topheide per Funk aus dem Mini-Van an seine vier Kollegen durch. Die stehen ein paar hundert Meter weiter und fischen mit Signalkelle die Deliquenten flugs aus dem Verkehr.

Sabrina ist eine davon. „Die Straße ist so breit, ich bin so dahingerollt und hab’s nicht bemerkt, dass ich zu schnell war“, sagt die brünette Hertenerin achselzuckend, als sie von Polizeihauptkommissar Ralf Nitsch erst belehrt und dann mit 20 Euro zur Kasse gebeten wird.

Wütend? „Nein“, sagt die junge Frau. „Es ist ja richtig wegen der vielen Unfälle. Aber bei den heutigen Autos merkt man ja kaum noch, wie schnell man unterwegs ist.“

Pech hat auch eine andere Frau, die es ebenfalls eiliger hatte. Sie wollte ihre Tochter von der Schule abholen: „Eineinhalb Jahre fahre ich jeden Tag von der Arbeit hier vorbei. Und ausgerechnet heute erwischt es mich.“

High Tech aus deutschen Landen

Im Kampf gegen Raser hat die Polizei seit neustem Verstärkung bekommen. ESO 3.0 heißt das neue Gerät, High Tech aus deutschen Landen. Das neue Geschwindigkeitsmesssystem arbeitet mit einem optischen Messprinzip – kein Radar –, welches sich daher auch nicht orten und auch nicht stören lässt. „Wie genau, ist Betriebsgeheimnis“, sagt Polizeihauptkommissar Markus Topheide. So viel wird aber verraten: Drei Sensoren erfassen die Geschwindigkeit und zwei Sensoren sind für die Positionsbestimmung des Fahrzeuges verantwortlich. Anders als sonst funktioniert das mehrteilige Gerät problemlos „innerhalb von Baustellen, auf kurvigen oder stark hügeligen Straßen, in Tunneln, ja selbst in der Nacht“, erzählt sein Kollege Eckhard Wittulski. Verwertbare „Schnappschüsse“ gelingen zudem durch die Heck- oder Seitenfenster und auch Kradfahrer müssen nun auf ihren schnellen Kisten ein Beweisfoto fürchten.

Von den Erwischten klagt kaum jemand. Der Griff zur Scheckkarte ist offenbar mit weniger Schmerzen verbunden als der zum Baren im Portemonnaie. Zudem sind bis auf wenige Ausnahmen alle einsichtig, wie Uwe Domnik, Jürgen Freyth und Peter Trotzek berichten. Sie ziehen zusammen mit Ralf Nitsch die Raser aus dem Verkehr: „Die meisten Fahrer sind wirklich schockiert, wenn wir ihnen erzählen, dass bei einem Unfall mit 50 km/h zwei von zehn Menschen sterben – und bei 60km/h gleich acht.“ Kein Wunder angesichts der Fakten.

Schleppend beginnt die Jagd nach Temposündern, im Laufe einer Stunde nimmt sie aber – bleiben wir im Bild – ordentlich Fahrt auf: 829 Fahrzeuge werden erfasst, 50 von ihnen sind zu schnell, ein paar Testmessungen inbegriffen.

„Tagesschnellster“ ist übrigens der Fahrer eines silberfarbenen Twingo. Auf seiner „Ehrenurkunde“ stehen stattliche 96 Stundenkilometer bei erlaubten 50 km/h außerorts. Sein „Preisgeld“ fällt dementsprechend üppig aus: 160 Euro, garniert mit drei Punkten in der Flensburger Verkehrssünderkartei und einem Monat Fahrverbot.

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