Der demografische Wandel hat sich nicht über Nacht eingeschlichen. Dass die Gesellschaft älter wird, hat sich lange angekündigt. Allerdings haben sich nicht alle Kommunen auf die damit verbundenen Herausforderungen, veränderte Bedürfnisse der Menschen und deren Teilhabe am gesellschaftlichen Leben trotz Alters zu ermöglichen, so gut vorbereitet wie Gelsenkirchen. Zur Erinnerung: Schon 2005 war der Senioren-Masterplan einhelliger politischer Wille. Ein maßgeblicher Motor der Umsetzung ist Dr. Wilfried Reckert. Das Credo des Seniorenbeauftragten: Anfangen, auch mit bescheidenen Mitteln, statt die Hände in den Schoß zu legen und zu jammern: „Wir haben aber kein Geld“. Recht hat er, so bewegt man ganz sicher nichts. Was Reckert und die Seniorenbewegten in Gelsenkirchen in den letzten Jahren geschafft haben, darauf blicken die Nachbarn längst mit Respekt. Und vielleicht auch mit einem Anflug von Neid im Augenwinkel.

Immerhin sind inzwischen in 36 von 40 Stadtvierteln Seniorenvertreter und Nachbarschaftsstifter unterwegs. Gegen das Alleinsein und für aktive Freizeitgestaltung gibt es die selbst organisierten Gruppen „zwischen Arbeit und Ruhestand“. Daran teilzunehmen braucht's nur den inneren Ruck. Diese Angebote sind mehr, als „nur“ Spiele- oder Radfahrtreffen. Sie sind ein Rezept gegen Einsamkeit, eine Plattform für die Entfaltung eigener Aktivitäten jenseits des Arbeitslebens. Manch einer entdeckt sogar bislang verborgene Talente. Oder bemerkt plötzlich, dass seine Hilfe benötigt wird, dass er gebraucht wird. Gleichwie, die jungen Alten von heute haben andere Vorstellungen von Lebensgestaltung im letzten Drittel als die Großelterngeneration. Wenn heute von der bunten gesellschaftlichen Vielfalt die Rede ist, dann gehören die Alten zwingend dazu.

Und zwar alle. Davon ist man allerdings auch in Gelsenkirchen noch entfernt. Weil es eben auch Menschen gibt, die sich verkriechen, sich nach langer Arbeitslosigkeit aufgegeben, keinen Mut und schon gar kein Selbstvertrauen mehr haben. Denen zu helfen, dass ist eine wirklich große Herausforderung.