Gelsenkirchen.
Zum Weltfrauentag am 8. März werfen wir einen Blick auf die Situation von Frauen vor Ort – vier Gelsenkirchenerinnen berichten aus ihren Lebensperspektiven: Was läuft gut für Frauen in der Stadt und woran muss in Zukunft gearbeitet werden?
Die Künstlerin: Claudia Lüke
Mittlerweile haben Frauen begriffen, dass es sinnvoll ist, sich zu verbinden, Netzwerke zu schaffen. Nur gemeinsam ist man stark. Das spüre ich selbst, wenn ich mich in meinem Netzwerk mit Frauen treffe, die in ähnlichen Berufslagen stecken und dieselbe Lebenseinstellung haben.
Egal in welcher Branche, männliches Verhalten ist für den beruflichen Erfolg immer noch zielführender. Es fehlt der faire Umgang miteinander – ohne Quote. Ich würde mir wünschen, dass es nicht um Verhalten, sondern um Inhalt geht. Als Künstlerin arbeite ich mit Metall, aber behaupten im Beruf würde ich mich lieber ohne einen Metallpanzer mit Härte nach Außen. Es ist ein Balanceakt, dem ich und viele andere Frauen ausgesetzt sind: Einerseits wollen wir unsere weiblichen Fähigkeiten bewahren, andererseits müssen wir uns durchboxen.
Die Unternehmerin: Jutta Beyrow
Gelsenkirchen bietet viele Netzwerke für Frauen, außerdem sind die Bildungsträger und Vereine gut miteinander verbunden und können schnelle Hilfen bieten. Über den Verein „Elffe“ bieten wir Unterstützung und fördern so die Frauenerwerbstätigkeit. (www.elffe.de)
Für Unternehmerinnen und Gründerinnen fehlen spezielle Förderangebote. Gut wäre etwa ein Unternehmerinnenstammtisch, bei dem man Kontakte knüpfen kann. Zudem wäre eine Anlaufstelle für Gründerinnen mit speziell auf Frauen zugeschnittenen Angeboten sinnvoll. Ehrenamtlich ist ein solches Angebot kaum zu stemmen – das müsste bei der Wirtschaftsförderung angesiedelt und mit entsprechenden Landesmitteln gefördert werden.
Die Politikerin: Silke Ossowski (SPD)
Hervorragend ist, dass in Gelsenkirchen viel für die Kinderbetreuung getan wird. Denn wenn diese gut organisiert ist, gehen Frauen beruhigter arbeiten. Viele Kindergärten in der Stadt haben samstags und außerhalb der Kernzeiten geöffnet. Auch das Bündnis für Familie unterstützt Hilfen für Frauen. Etwa, indem es Unternehmen auszeichnet, die sich für Familien engagieren.
Zu wenige Unternehmen bieten Ausbildung in Teilzeit an oder haben zu wenig Betriebskitas. Ärgerlich finde ich auch Sätze von Frauen wie: „Wir haben doch alles, was sollen wir mit einer Quote?“ Die Realität sieht nämlich anders aus – es sind immer noch die Männer, die besser verdienen. In den Gelsenkirchener Parteien sind wir Frauen teilweise unterrepräsentiert. Man kann es jungen Frauen nicht verübeln – wer schafft es schon, sich neben Beruf und Familie, noch für ein Ehrenamt zu engagieren? Die hohe Arbeitsbelastung ist auch für die Lokalpolitik ein großes Problem.
Die Sozialarbeiterin: Sultan Lunkenheimer
Die Zusammenarbeit innerhalb der Institutionen, die Frauen helfen, die von häuslicher Gewalt betroffen sind, funktioniert gut. Viele neue Netzwerke wurden gegründet. Seit genau einem Jahr gibt es etwa das Netzwerk „Zwangsehe“. Caritas, Diakonie, städtische Gleichstellungsbeauftragte und Arbeitsgemeinschaften treffen sich regelmäßig, besprechen Fälle, versuchen Rechte der Frauen zu verbessern und schnelle Hilfe zu leisten. Da wird hier Einiges getan.
Behörden könnten generell entgegenkommender sein. Der Zugang zu Bargeld muss in Trennungssituationen schneller gewährleistet werden. Ich kenne viele Fälle aus der Beratung, bei denen Frauen, die sich von ihrem gewalttätigen Partner trennen wollen, vor einem Berg von Anträgen resignieren – und am Ende doch bei ihm bleiben.
Aktionen rund um den Weltfrauentag
Den Weltfrauentag nimmt die Stadt zum Anlass, um über den aktuellen Stand der Gleichstellung zu reflektieren. Am Sonntag, 10. März, lädt sie um 11 Uhr in die Flora, Florastr. 26. Karola Geiß-Netthöfel, Direktorin des RVR, richtet einen weiblichen Blick auf die Region.
Von 11 bis 13 Uhr lädt das Frauennetzwerk am Samstag, 9. März, unter dem Motto „Frauenzukunft braucht Arbeitsplätze und mehr“, zur Open-Air-Veranstaltung auf den Preuteplatz in Gelsenkirchen-Altstadt ein.
Die Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Frauen (ASF) lädt am Sonntag, 17. März, um 11 Uhr unter dem Motto „150 Jahre SPD. Gleichstellung – Fortschritt – Jetzt“ in die Schauburg, Horster Str. 6. Es geht u.a. um Chancen- und Entgeltgleichheit sowie Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Eintritt: 6 €.
Die DGB-Frauen treffen sich heute um 17 Uhr zu einer Aktion vor der Sparkasse an der Bahnhofstraße.
Unter dem Slogan „Kaffee, Kuchen, Kampfeslust“ lädt Die Linke am Sonntag, 10. März, ab 15 Uhr zum gemeinsamen Austausch ins Parteibüro, Bismarckstraße 65, ein.