Gelsenkirchen.

Für Klaus Wehrhöfer, Kolpingvorsitzender im Bezirk Gelsenkirchen, war die Premieren-Veranstaltung ein echter Erfolg. „Dafür, dass wir den Neujahrsempfang recht kurzfristig absagten und organisatorisch den sozialpolitischen Aschermittwoch aus der Taufe hoben, war der Besuch in der Propsteikirche St. Augustinus mit 150 Gästen schon sehr gut.“

Die Überschrift des Abends, der mit einem ökumenischen Wortgottesdienst und dem Spenden des Aschekreuzes begann, lautete „Armes, reiches Deutschland. Altersarmut hat viele Gesichter, aber Armut ist politisch gemacht“. Diesem Thema gingen EAB, KAB und Kolping gemeinsam mit dem evangelischen Sozialpfarramt nach – und luden als Redner den sogenannten „Armutspapst“, Professor Dr. Franz Segbers, ein.

Er erläuterte, dass die Bibel die Vision einer Gesellschaft ohne Arme habe, dass Armut nach Gottes Willen nicht sein solle, „doch Armut wird es immer geben, wenn der politische Wille nicht besteht, Armut zu überwinden“. Prof. Segbers stellte weiter fest, dass die Gesellschaft auf dem Weg sei, zu einer überwunden geglaubten Altersarmut zurückzukehren. Dass Ende der fünfziger Jahre auf einen Schlag Hunderttausende aus der Altersarmut geholt wurden, und dass der Gedanke der dynamisierten Rente aus der katholischen Soziallehre stamme.

Alterarmut immer mehr ein Thema

Segbers brachte es auf den Punkt: „Altersarmut ist für immer mehr Menschen zum Thema geworden, weil sie eine Armut ist, die durch die letzten Rentenreformen zurückkehrt. Sie ist zur Altersarmut per Gesetz geworden.“ Sein Beispiel: Wer heute 2500 € brutto verdiene, bekomme nach 35 Jahren Arbeit nur eine Rente von 688 €. Das bedeute, das halbe Volk müsste im Alter Grundsicherung als Fürsorgeleistung beantragen, trotz eines langen Arbeitslebens gäbe es nur Sozialhilfeniveau.

Relevante Punkte aus dem segberschen Ursachenkatalog lauten: Rentenkürzung bei vorzeitigen Bezug, Rente mit 67, Abschaffung der Berufsunfähigkeitsrente, Kürzung der Erwerbsminderungsrente und Abschaffung der Rentenversicherungsbeiträge für Langzeitarbeitslose. Gleichzeitig sei noch der Arbeitsmarkt dereguliert und der Niedriglohnsektor mit Leiharbeit und Billigjobs ausgeweitet worden. Segbers: „Die private Vorsorge hält nicht, was Lobbyisten und Versicherungswirtschaft versprochen haben.“

„Ein Umdenken in der deutschen Alterssicherungspolitik“, fordern entsprechend auch die Verantwortlichen der christlichen Sozialverbände in Gelsenkirchen. Sie müsse dringend auf die Tagesordnung und müsse zudem Thema der Politiker vor der Bundestagswahl sein.

Klaus Wehrhöfer verspricht: „Wir bleiben am Ball“.

Entscheidungen rückgängig machen

„Wer Altersarmut bekämpfen will, der muss einen armutsfesten Mindestlohn einführen, nach wie vor fehlt es bei fast allen Parteien nicht nur an überzeugenden Konzepten, sondern vielmehr der Mut, Entscheidungen wieder rückgängig zu machen“, sagte Prof. Segbers.

Die Rente müsse wieder eine Lohnersatzleistung werden, damit Rentner auch im Alter ihren Lebensstandard halten können. Eine gute Rente sei die Folge guter Arbeit, die anständig entlohnt wird, so der Armutsexperte in der Propsteikirche am sozialpolitischen Aschermittwoch.