Gelsenkirchen. . 800 geladene Gäste beim Neujahrsempfang der Stadt Gelsenkirchen. Ehrengast Prof. Dr. Ernst Ulrich von Weizsäcker geißelte den aberwitzigen Umgang mit Ressourcen
Nachhaltigkeit, das war der rote Faden, aus dem das Programm des Neujahrsempfanges der Stadt gestern Abend gewebt war. Und 800 geladene Gäste können heute bezeugen, dass es eine gelungene Gala im Musiktheater im Revier war – stilvoll, unterhaltsam, reich an humoristischen, ökologischen wie ökonomischen Denkanstößen.
Wir sind wieder wer, oder zumindest auf einem guten Weg dahin – das war die politische Botschaft, die Oberbürgermeister Frank Baranowski an die Zuhörer sandte. Neben ihm am Pult funkelte der jüngst verliehene Nachhaltigkeitspreis und auch in seiner Rede polierte der Verwaltungschef die gebeutelte Stadt pointiert auf. Baranowski erinnerte daran, „dass in unserer Stadt 600 Solaranlagen umweltverträglich Strom liefern und auch Grubengas und Biomasse Energie erzeugen“; daran, dass „Brennstoffzellen, Wärmepumpen und Komponenten für Windenergie-Anlagen und Blockheizkraftwerke“ auch hier gefertigt werden. Und daran, dass zusammen mit der Ele ein Unternehmen aufgebaut werden soll, das künftig wirtschaftlich „regenerative Energie zur Verfügung“ stellt.
Kernthema zwei seiner Rede war die Bildung, dreifach zur UN-Dekadenstadt „Bildung für Nachhaltige Entwicklung“ ernannt worden zu sein, versteht der OB als Aufforderung zum Weitermachen: „Das ist eine ganze Menge. Und es ist doch erst der Anfang. Aber als echte Gelsenkirchener, müssen wir es natürlich immer ein bisschen kleinreden. Man weiß ja nie, ob es woanders nicht noch etwas besser ist.“
Die feine Ironie nahm Ehrengast Prof. Dr. Ernst Ulrich von Weizsäcker, einer von zwei Präsidenten des weltweit hoch angesehenen „Club of Rome“, nur zu gern auf. Sein Vortrag beleuchte ebenso geistreich wie kritisch die Folgen der Ressourcenverschwendung. Etwa als er die Segnungen der Technik auf die Schüppe nahm: „Bei Tablet-PCs lässt sich der Akku nicht tauschen – ökologisch ist das die Hölle, betriebswirtschaftlich das Paradies.“ Der Neffe des Alt-Bundespräsidenten geißelte den im Grunde aberwitzigen Aufwand, um etwa Erdbeeren auf dem Land-, See- oder Luftweg zur Joghurtherstellung nach Deutschland zu transportieren. „Brauchen wir da nicht eine Erdbeerjoghurttransportintensitätsbegrenzungsverordnung“, fragte er lakonisch in Richtung Verwaltung. Nein, sondern ein effektiveres, schonenderes Resourcenmangament. Ernst Ulrich von Weizsäcker warb mit dem Slogan „Kühn denken, groß denken“ für spritsparende Autos, Passivhäuser, Altbausanierungen sowie für maßvollen Verkehrswege- und Städtebau. Und erntete dafür donnernden Applaus.
Amüsanter Stand-up Comedian
Leider ist der Auftritt von Sebastian Pufpaff heute Abend in der Kaue ausverkauft – der Kabarettist generierte im MiR gestern Lachsalven. Insbesondere als er die Polizei aufs Korn nahm: „Warum ist der Schlagstock mit Kunststoff beschichtet? „Wegen der besseren Hygiene“, antwortet ein Beamter. „Richtig. Wenn man am Boden liegend verblutet, kriegt man wenigstens keine Infektion!“ Und: Windräder sind nur dafür da, dass der Käseglocke über uns Frischluft zugeführt wird. „Haben Sie’s bemerkt? Wenn die Windräder still stehen, gibt es bei uns keinen Wind.“