Gelsenkirchen. . Ein Gelsenkirchener Ehepaar nahm 700 .000 DM-Kredit auf, um das geerbte Haus zu renovieren. Der spätere Hausverkauf sollte ein Polster für den Ruhestand erwirken – aber in dieser Gegend will kaum einer wohnen.

Ingeborg (80) und Hans Schulte (83) hatten ihre Zukunft sorgfältig geplant. Er war selbstständig, sie schmiss den Haushalt. Als sie ein Haus erbten, war klar: Das soll unsere Altersvorsorge sein. Später, wenn Hans seinen kleinen Laden verkauft hätte, wollten sie von dem leben, was die Mieteinnahmen hergaben. Später ist heute. Das Haus, das die Schultes erbten und im Rahmen der Stadtteilerneuerung für damals 700.000 DM renovierten, liegt an der Braunschweigerstraße, nahe der Bochumer Straße in Ückendorf.

Damals, 1984, erzählt Ingeborg Schulte, war die Lage gut, die Häuser wurden modernisiert, durch einen festgesetzten, sozialen Mietpreis seien die Wohnungen des Acht-Parteien-Hauses attraktiv und gefragt gewesen. Heute ist die Lage jedoch anders.

Heute ein sozialer Brennpunkt

Die Gegend um die Bochumer Straße ist längst einer der größten sozialen Brennpunkte der Stadt. Eine familienfreundliche, altersgerechte Wohngegend stellen sich viele anders vor. Diese Not merken nun auch die Schultes. „Früher konnte man dort schön wohnen. Aber heute?“, klagt die 80-Jährige. Dass zwei ihrer Mietparteien in den nächsten zwei Monaten ausziehen, kann sie ihnen somit nicht einmal verübeln. Rund 800 Euro Einnahmen werden den Schultes also ab spätestens April fehlen. Geld, das sie nicht ausgleichen können. „Also versuchen wir seit einiger Zeit, das Haus zu verkaufen, haben schon oft inseriert, aber wer will hier schon noch ein Haus kaufen?“, sagt Schulte.

Dieses Problem ist wahrlich kein neues. Auch Stadtsprecher Martin Schulmann kennt die Lage. „Leider haben wir rund um die Bochumer Straße immer wieder Zwangsversteigerungen von Häusern, weil sich kein Käufer findet“, sagt er. Die Vorstellung, ihr Erbe unter Wert zu verkaufen, schockiert die Schultes: „Wir wollten damals etwas Gutes tun, heute haben wir nur Kosten, aber keine Rücklagen für unser Alter.“

Neues Darlehen bei NRW-Bank

Doch dass die Schultes ihr Haus loswerden wollen, hat nicht nur etwas mit der unattraktiven Lage zu tun. Seit sie 1984 zu den ersten Teilnehmern des Stadterneuerungsprogramms zählten, zahlen sie ein Darlehen ab, das mit den zuvor erwähnten 700.000 DM, also rund 350.000 Euro begann. „Damals musste bis auf die Außen- und Zwischenmauern alles erneuert werden“, berichtet Schulte, „privat konnten wir das Geld nicht aufbringen, also vermittelte uns die Stadt ein Darlehen bei der Wohnungsbauförderungsanstalt, heute ist es die NRW-Bank“ , erklärt das Senioren-Paar. Die Konditionen des Landeskredites sahen zu Beginn ein Prozent Zinsen bei ein Prozent Tilgung pro Jahr vor.

Ingeborg und Hans Schulte willigten ein.

Reaktionen auf das Anschreiben

Ingeborg Schulte erhielt auf ihren Brief an die Stadtverwaltung bereits ein Antwortschreiben, darin findet sich jedoch lediglich die Bestätigung, dass ihr Fall dem Oberbürgermeister vorgelegt und geprüft werde. Näheres ist noch nicht bekannt, Stadtsprecher Martin Schulmann beteuert jedoch: „Es ist ein tragischer Fall, vor allem in dem Alter. Doch in der Regel hat die Stadt bei Belangen der privaten Finanzierung keinen Handlungsspielraum.“