Gelsenkirchen. In der Kinderklinik am Marienhospital werden regelmäßig Kinder aus Kriegs- und Krisengebieten behandelt. In ihrer Heimat mangelt es an medizinischer Hilfe.
Schwungvoll saust die kleine Wishga in einem bunten Rollstuhl durch die Gänge der Kinderklinik am Marienhospital und hat sichtlich Spaß dabei. Mit einem lauten Lachen springt sie auf und hüpft auf Krücken zu ihrem Zimmer zurück. Wer die Achtjährige sieht, kann kaum glauben, welch’ hartes Schicksal sie ertragen musste. Wishga ist eines der schwer kranken und verletzten Kinder, die von Hilfsorganisationen wie dem Friedensdorf International oder dem Hammer Forum aus Kriegs- und Krisengebieten für die medizinische Behandlung nach Deutschland geholt werden. Für viele ist das die letzte Überlebenschance.
Kostenfreie medizinische Hilfe
In ihrer Heimat Afghanistan erkrankte Wishga an einer chronischen Knochenentzündung. Die Erkrankung war bereits soweit fortgeschritten, dass in Deutschland ein großer Teil ihres Sprunggelenkes entfernt werden musste. Das Team des Marienhospitals behandelt und operiert regelmäßig Kinder aus Kriegsgebieten – und das kostenfrei. „Wir sehen oft ausgeprägte Erkrankungen, die man in Deutschland eigentlich nicht zu Gesicht bekommt“, erzählt Oberarzt Roger Beer. Grund: „In Krisenregionen mangelt es an ausreichender medizinischer Versorgung. Soweit würde es bei uns nicht kommen.“
Neben Wishga werden hier zurzeit zwei weitere Kinder behandelt. Mohammad (13) aus Afghanistan kam mit einer Granatsplitterverletzung im Kniegelenk, die auch zu einer Verkrümmung des Beines führte, nach Gelsenkirchen. Nach mehr als 20 Operationen wird nun per Ringfixateur versucht, die Fehlstellung zu korrigieren. Abdul (5) aus dem Jemen leidet an einer chronischen Knochenentzündung des Schienbeins. „Als er im März 2011 zu uns kam, ragte der Knochen aus der Haut heraus“, sagt Beer.
Bindung zu Deutschland gering halten
Für die Kinder sei die Situation am Anfang schwierig, erzählt Kinderkrankenschwester Manuela Herpers. „Wir versuchen, ihnen Normalität und Harmonie zu vermitteln. Das funktioniert sehr gut.“ Man müsse sich erst nonverbal mit Händen und Füßen verständigen. Die Kinder lernen aber sehr schnell Deutsch. „Es entwickelt sich dann eine enge und herzliche Bindung.“
Wenn die Behandlung beendet ist, werden die Kinder beispielsweise im Friedensdorf auf ihre Rückkehr vorbereitet. „Wir versuchen, die Bindung zu Deutschland so gering wie möglich zu halten, damit die Umstellung später leichter fällt. In der Regel klappt das ohne Probleme“, erzählt Maria Tinnefeld vom Friedensdorf. „Die Kinder sollen aber mit dem Gefühl gehen, dass sie Hilfe erhalten haben. So fällt es leichter, Vertrauen in andere zu fassen. Vielleicht kann so auch zum Frieden beigetragen werden.“