Es gibt Kompositionen, die zu Unrecht in Vergessenheit geraten sind. Die Neue Philharmonie Westfalen hob im 4. Sinfoniekonzert einen dieser verlorenen Schätze: Emil von Sauers e-Moll-Klavierkonzert entpuppte sich als attraktives, zugängliches, hochromantisches Werk mit teuflisch anspruchsvollem Solopart.

Emil von Sauer (1862 – 1942) war Schüler von Nikolai Rubinstein und Franz Liszt, zwei der prägendsten, größten Klaviervirtuosen und –pädagogen des 19. Jahrhunderts. Sauer konzertierte international und lehrte später in Wien; als einer der letzten Liszt-Schüler überhaupt verstand er es, überragendes technisches Können mit poetischer Gestaltungsgabe zu kombinieren.

Als Komponist ist von Sauer weniger bekannt – zu Unrecht, wie sein frühes e-Moll-Konzert bewies: Es mag nicht die Innovationskraft oder Inspiriertheit von Zeitgenossen wie Brahms oder Mahler besitzen. Aber es zeigt einen stilsicheren, formbewussten Komponisten, der vor plakativen Gesten nicht zurückscheut, die Grenze zum Kitsch aber stets geschickt meidet. Einfallsreiche Themenvielfalt, dramaturgisch geschickte Architektur der vier Sätze und gekonnte Instrumentierung greifen ineinander.

Oliver Triendl, der sich bislang durch zahlreiche gewonnene Wettbewerbe, CD-Einspielungen und eine umfangreiche weltweite Konzerttätigkeit profilierte, übernahm den diffizilen Solopart (auch ein Grund, warum das Konzert so selten gespielt wird?), der mit donnernden Akkordsalven und Paralleloktaven, filigranen Läufen in Höchstgeschwindigkeit, aber auch solistischen Momenten intimer Zartheit hohe Anforderungen an jeden Pianisten stellt. Triendl absolvierte die technischen Herausforderungen bravourös und gestaltete intelligent; den langsamen dritten Satz ließ er im innigen Dialog mit dem Orchester zu einem Moment berückender Schönheit werden. Bravo! Eingerahmt wurde das Sauer-Konzert von Claude Debussys „La Mer“, von GMD Heiko Mathias Förster und der Neuen Philharmonie jenseits oberflächlicher Klangmalerei interpretiert, und Antonin Dvoraks Sinfonie Nr. 5 F-Dur, die zwischen folkloristischem Anklang und dramatischem Zugriff einen Genuss für Freunde spätromantischer Sinfonik darstellte.

Nächstes Sinfoniekonzert: 14. und 15. Januar, 19.30 Uhr, im MiR.