Gelsenkirchen.

Die kommunalen Kassen sind klamm, Spardiktate geben den Takt vor. Da ist der Ruf nach einem Streichkonzert nicht fern. Auch nicht bei der Neuen Philharmonie Westfalen. Allerdings wird nicht über Einsparungen bei den Musikern nachgedacht, sondern beim Management.

Die Überlegung der drei Träger des Orchesters (das sind die Städte Gelsenkirchen, Recklinghausen und der Kreis Unna): Reicht da nicht vielleicht ein gemeinsamer Generalmusikdirektor und eine Verwaltungsspitze für Musiktheater im Revier und die Neue Philharmonie Westfalen aus? Zurzeit ist z.B. Heiko Mathias Förster Generalmusikdirektor des 123 Musiker starken Orchesters und Rasmus Baumann der Chefdirigent am Musiktheater. Stephan Popp ist Intendant des Orchesters, Michael Schulz der Intendant des MiR.

Um Chancen und Risiken für eine Zusammenlegung der Ämter unter die Lupe zu nehmen, beauftragten die Träger den externen Gutachter „actori“ in München. Das inzwischen vorliegende Gutachten gibt den Politikern keine Empfehlung für oder gegen eine Umstrukturierung, sondern bewertet Risiken und Chancen etwa gleich hoch.

Musiker sind stark ausgelastet

Die Gutachter haben errechnet, dass je nach Synergie- und Risikobewertung jährliche Einsparungen in Höhe von 185.000 bis 340.000 Euro pro Jahr möglich sind. Dabei wurde auch mit „gegenläufigen Effekten“ kalkuliert, zum Beispiel mit Gewinneinbußen bei Konzerten auf dem freien Markt, die mit weniger Personal möglicherweise nicht mehr zu leisten wären.

Auf ein weiteres Risiko machen die Gutachter aufmerksam: Das Land NRW könnte bei einer Umstrukturierung als Zuschussgeber aussteigen. Insgesamt bescheinigt das 60-seitige Gutachten dem Orchester und seinem Management vor allem einen hervorragenden Job. Die Musiker seien im Vergleich zu anderen Landesorchestern stark ausgelastet.

Das Gutachten liegt bereits seit dem Sommer auf dem Tisch der Träger. Dass bislang noch nicht entschieden wurde, liegt an der plötzlichen Erkrankung des Vorsitzenden Michael Makiolla, Landrat in Unna. Die beiden Vorstandsmitglieder Frank Baranowski, Gelsenkirchener OB, und Wolfgang Pantförder, Bürgermeister Recklinghausens, hoffen, im Januar gemeinsam mit Makiolla über das Gutachten und seine Folgen beraten zu können.

Baranowski: „Wir wollen mögliche Synergieeffekte zwischen Musiktheater und Orchester im Auge behalten.“ Und Pantförder betont auf Nachfrage der WAZ: „Es geht um Kostenoptimierung, aber wir sind völlig ergebnisoffen.“

Unter Druck gesetzt

„Das Gutachten hat das Orchester mächtig unter Druck gesetzt“, bestätigt Nicola Borsche, Betriebsrätin der Neuen Philharmonie Westfalen, die Verunsicherung unter den Musikern. „Es kommen immer wieder Kollegen auf mich zu, aber ich kann allen keine Antwort darauf geben, wie es in Zukunft weitergehen wird.“

So lange das nicht der Fall sei, würden weiterhin viele Gerüchte und viele unterschiedliche Meinungen im Orchester kursieren. Mit dem Ergebnis der Gutachter ist die Geigerin durchaus zufrieden: „Es bescheinigt uns eine hohe Effizienz.“ Aber: „Es stellt kein konkretes Konzept für eine Umstrukturierung vor.“

Auch wenn es bislang um Managementpositionen gehe: „Wenn in Zukunft nicht mehr alle Träger ihre Aufgabe erfüllen, dann würde es auch rasch um Musikerstellen gehen.“ Allein gelassen fühlen sich die Musiker allerdings nicht: „Wir haben alle Verständnis dafür, dass mit einer Entscheidung auf den erkrankten Landrat Makiolla gewartet wird.“ Und: „Wir haben unsere Musik, das lässt vieles vergessen.“