Gelsenkirchen.
Mit dem Jazz-Virus infizierte er sich bereits im Alter von neun Jahren. Er wurde ihn nicht mehr los, sondern lebt seine Leidenschaft für dieses musikalische Genre seit Jahrzehnten intensiv aus. Kein Wunder, dass man den musikverrückten Rolf Wagemann längst den Gelsenkirchener „Jazz-Papst“ nennt.
Kein Wunder auch, dass der 63-Jährige ohne Punkt und Komma redet, wenn er in seinem riesigen Erinnerungsfundus wühlt. Anlass dafür bietet ein Jubiläum, das er am Samstag, 6. Oktober, feiert: 25 Jahre Hot House Jazz Club. Natürlich mit jeder Menge fetzigem Jazz-Sound.
Bereits seit der frühen Kindheit war Rolf Wagemann, wie er sagt, „vom gepflegten Sound der Chris Barber-Band, den kratzig-aufgekratzten frühen Louis-Armstrong-Nummern und Mr. Acker Bilk’s dezent-charmanten Klarinettenklängen“ begeistert. In einer Amateur-Jazzband zupfte er schließlich selbst den Kontrabass und seine Liebe für den Jazz wuchs mehr und mehr. Bis er schließlich nicht nur musizierte, sondern auch organisierte.
Die Keimzelle lag in einer Teestube
Die Keimzelle für den späteren Hot House Jazz Club lag in einer kleinen Teestube im Revierpark Nienhausen, in dem Wagemann seit 1980 als Technischer Bereichsleiter arbeitete. Regelmäßig konnten hier verschiedene Bands ihr Können unter Beweis stellen. 1979 gründete Wagemann dort den „Jazz Arbeitskreis“, wurde dessen erster Vorsitzender und organisierte 1980 den „Karneval of Jazz“.
Nach diesen erfolgreichen Anfängen schließlich gründete Wagemann seinen eigenen Jazzclub, den „Hot House Jazz Club“. Und sagt heute stolz: „Zum damaligen Zeitpunkt gab es in Deutschland Jazzclubs nur in wenigen großen Städten. Mein Club ist einer der wenigen, die bis zum heutigen Tag existieren.“ Da sagen nicht nur die treuen Besucher, sondern auch die Sponsoren „Hut ab“ vor so viel Engagement und fördern den Jazzer. Auch wenn die Zahl der Sponsoren im Vergleich zu den Anfängen des Clubs durchaus geringer geworden sei, beklagt Wagemann.
Die Geburtsstunde des Jazzclubs wurde vor einem Vierteljahrhundert an eher ungewöhnlichem Ort gefeiert, in einem griechischen Restaurant im Gelsenkirchener Bahnhofcenter. Der Sound von New Orleans zu Gyros und Souflaki.
Jazz verbindet die Menschen
Schon kurze kurze Zeit später konnte der Jazz-Papst den Chef des Maritim Hotels, Walter Chytra, mit dem Musik-Virus infizieren: „ Damals erhielt ich die Einladung, die Claire Waldoff-Bühne im Hotel mit zu nutzen.“ Nun, die gibt es inzwischen nicht mehr, den Jazz Club noch immer.
Zu einem der ersten großen Highlights geriet der Auftritt von Jazz-Legende Christ Barber heute vor 22 Jahren. Wagemann blättert in einem von vielen Foto- und Autogrammalben und erinnert sich: „Barber wollte unbedingt am Tag der deutschen Einheit bei uns spielen, um die deutsch-britische Freundschaft zu dokumentieren.“ Über 500 feierten an diesem 3. Oktober 1990 den Musiker und seine Band und Wagemann erinnert sich dankbar: „Das war für mich die Bestätigung, dass Jazz verbindet.“
Es gelangen noch mehr echte Coups: Gastspiele von Mr. Acker-Bilk, Fats Domino oder Ray Charles zum Beispiel.
25 Jahre Jazz-Club, das sind Jahre der Geschichte und Geschichten: die vom jüdischen Wiener Musiker Oscar Klein zum Beispiel, der gemeinsam mit Romano Mussolini, dem Sohn des italienischen Diktators, in Gelsenkirchen harmonisch musizierte.
In den letzten 25 Jahren begrüßte Rolf Wagemann Musiker aus 25 Nationen in seinem Club – und über 75.000 Besucher.