Gelsenkirchen. SPD-MdL Markus Töns diskutiert mit Bürgern in Rotthausen über Europa und seine Krise. Töns: „Alle unterhalten sich darüber, aber die Wenigsten wissen, wovon sie sprechen. Das gilt auch für viele Politiker.“
„Vielleicht dachten die Leute, wir wollen eine Spende für den Euro-Rettungsschirm.“ Seinen Humor hat Ernst Majewski, Vorsitzender des SPD-Ortsvereins Rotthausen, trotz des Themas nicht verloren. Viele Besucher lockte die Überschrift der Diskussionsrunde „Europa und der Euro“ nicht in das Volkshaus. Dabei mangelt es dem Thema weder an Aktualität noch an Aufklärungsbedarf. Mit Markus Töns war ein Fachmann als Referent vor Ort. Der Landtagsabgeordnete wurde jüngst in den Ausschuss der Regionen der Europäischen Union gewählt, um in Brüssel NRW-Interessen zu vertreten.
Direkt von einer Anhörung kam Töns aus Düsseldorf nach Rotthausen. Es ging um den Glücksspielstaatsvertrag, den der Europäische Gerichtshof gekippt hat. „Europa spielt in fast allen Belangen eine Rolle“, weiß der 48-Jährige. Trotzdem bleibt die EU für viele Bürger unverständlich. Die Krise tut ihr Übriges. Töns: „Alle unterhalten sich darüber, aber die Wenigsten wissen, wovon sie sprechen. Das gilt auch für viele Politiker.“
Zunächst müsse zwischen den Krisen-Staaten unterschieden werden. Der Begriff Staatsschuldenkrise sei nur bei Griechenland und Italien richtig. Portugal treffe die Krise stärker als alle anderen, da es ein kleines, ohnehin armes Land sei. Irland habe mit billigen Steuern Finanzdienstleister gelockt und leide nun darunter, diese stützen zu müssen. Spanien drückten hohe private Schulden, verbunden mit einer Immobilienblase und Baukrise.In seinem Impulsreferat erläuterte Töns die Bausteine des Euro-Schutzschirmes (EFSM und EFSF) und den neuen, unbefristeten Rettungsschirm (ESM). Otto Normalbürger darf beruhigt sein: Begriffe wie „Europäische Finanzstabilisierungsfazilität“ bereiteten selbst den Politologen Probleme.
Konjunkturprogramme notwendig
Griechenland sollte das große Thema des Abends werden. Töns: „Dem normalen Arbeitnehmern kann man keinen Vorwurf machen.“ Ein Sparkurs sei aber notwendig. Statt im sozialen Bereich zu kürzen, müsse man an den seit Krisenbeginn unangetasteten Militärhaushalt gehen. „Es ist ein politischer Skandal, dass dieses Thema nie angesprochen wird.“ Bedingung für EU-Hilfen müsse die Einrichtung einer Steuerverwaltung sein, um die Schattenwirtschaft einzudämmen. Zudem müsse es Konjunkturprogramme geben.
Der Ortsvereins diskutierte auch einen Austritt Griechenlands aus dem Euro. Davor warnt Töns: „Keiner kann sagen, was dieses Himmelfahrtskommando bedeutet.“ Prognosen zu einem Verbleib, seien aber auch unmöglich. „Es besteht weiterhin das Risiko, dass der Euro komplett scheitert.“
Töns musste sich auch der Kritik der Basis stellen. „Was die Verantwortung der Banken angeht, haben wir so gut wie nichts getan“, gibt er zu. Ein Bankeninsolvenzrecht müsse kommen („Wir stützen ohne Sinn und Verstand irgendwelche Banken.“), dazu ein weltweites Verbot von Risikogeschäften. Der Landtagsabgeordnete hob die Errungenschaften der EU hervor und erinnerte daran: „Keine Volkswirtschaft hat mit dem Euro so gut verdient wie wir.“ Und: „Die Meisten glauben, dass Geld wäre schon überwiesen. Noch hat uns die Krise aber keinen Cent gekostet.“