In den 90er Jahren wurde die Fleicherstraße in Heßler zur unechten Einbahnstraße. Bewohner halten die Schilder heute für unsinnig.
Wer an der Straße „Am Maibusch“ oder im Lerckenshof in Heßler wohnt und sich ins Auto setzt, der sieht täglich rot. Wenn er sich in Richtung Innenstadt aufmacht, kann er sich auf eine dreimalige Rote Welle einrichten. Er muss den Umweg über die Hans-Böckler-Allee wählen, wenn er zur Grothus-straße will. Denn die direkte Zufahrt über die Fleischerstraße ist nicht möglich. Ein Einfahrtverbot versperrt den Weg.
Was die Anwohner von dem Verbotsschild halten, dokumentieren sie täglich. Fast alle Autofahrer ignorieren es und wählen konsequent den kurzen Weg zur Grothusstraße. Renate Wiesner wohnt seit 1954 in der Siedlung. Sie erinnert sich: „Als die Trinkhalle an der Ecke zur Fleischerstraße noch existierte, sind hier schon mal Autos durchgebrettert.“
In den 1990er Jahren hatten Familien mit kleinen Kindern bei der Stadt den Antrag auf Einrichtung einer Einbahnstraße gestellt. „Doch heute“, weiß Renate Wiesner, „ist es ruhig hier. Das Schild ist überflüssig, es hält sich ohnehin niemand an das Verbot.“ Zumal es sich um eine unechte Einbahnstraße handelt. Auf der Nordseite fehlt das Hinweisschild „Einbahnstraße“. Wer dort korrekt einbiegt und sein Fahrzeug wendet, der darf auch in die vermeintlich falsche Richtung weiterfahren. Nur das direkte Einfahren von der Südseite ist nicht gestattet.
Anwohnerin Annegret Kreft hält das Verbotsschild für unsinnig. „Es gilt ja nur für die ersten drei Meter. Es ist doch albern, dass man sich dann wieder korrekt verhält, wenn man nach den drei Metern weiterfährt.“ Dem Argument einer erhöhten Lärmbelastung kann sie nicht folgen. Da es keine Anliegerstraße sei, könne ohnehin jeder Lkw legal die Straße benutzen.
In Bürgersprechstunden hatten Bewohner die CDU in den letzten Monaten auf die „unsinnige“ Regelung aufmerksam gemacht. Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Klaus Heinberg fordert die Beseitigung des Schildes. „Weder Schule, noch Kita gibt es in der Nähe, breit genug ist die Straße auch. Was soll also das Schild, das von Anwohnern einen täglichen Umweg von 800 Metern verlangt, wenn sie Richtung Innenstadt fahren?“ Der Politiker, der sich vor Ort umsah und mit Anwohnern sprach, hat ausgerechnet, dass die motorisierten Anwohner zusammen jährlich 40 000 km an Umwegen zurücklegen müssten. Dabei werde heute doch gerne über ökologisches Bewusstsein und Feinstaubbelastung geredet.
Die CDU wollte einen städtischen Vertreter zur Ortsbesichtigung einladen. Man könne keinen Mitarbeiter abstellen, habe es im Rathaus geheißen. Deren einziges Argument für die Berechtigung des Schildes, so Heinberg, sei der Beschluss, der in den 90er Jahren gefasst wurde. „Man teilte mir mit, dass es keinen Verhandlungs- und Beratungsbedarf gibt.“
Die Christdemokraten wollen das Thema über Anfragen jetzt in der Bezirksvertretung wie auch im Verkehrs- und Bauausschuss behandeln.
Im städtischen Verkehrsreferat sehen Verkehrslenker nach wie vor eine beruhigende Wirkung des Schildes. Sie sind überzeugt, dass der Durchgangsverkehr die Straße bei Entfernen des Schildes wieder stark belasten würde. Außerdem könnten Fahrer aus Richtung Feldmark die Straße Am Maibusch und die Fleischerstraße wieder als Schleichwege nutzen. „In der Entfernung des Schildes“, so Stadtsprecher Martin Schulmann, „sieht die Verwaltung keinen Sinn.“