Gelsenkirchen.

Regen prasselt von oben in das offene Motorrettungsboot, von den Seiten schwappt es ebenfalls munter feucht hinein. Zum Glück weist die Schutzkleidung der DLRG jede Nässe von sich. „Ein typischer Tag für unseren Sommer“, schmunzelt Rettungsschwimmer Holger Chojecki. Regelmäßig fährt er auf dem Rhein-Herne-Kanal Patrouille, um sich ehrenamtlich um die Menschen im und am Wasser zu kümmern. Nach fünf heißen Tagen meinte es Petrus am Samstag wieder einmal nicht gut mit den Lebensrettern. Das Wetter passte sich einem traurigen Anlass an.

Bekanntlich muss meist erst ein Unglück passieren, bevor der Mensch auf Missstände reagiert.

Erinnerung an Seeunglück von 1912

Auf eine Katastrophe ist auch die Gründung der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft, DLRG, zurück zu führen. Am Samstag erinnerten die Mitglieder des Bezirks Gelsenkirchen an den Zusammenbruch der Seebrücke in Binz auf Rügen. Vor 100 Jahren ertranken bei dem Unfall 16 Menschen. Wenig später wurde die DLRG in Leipzig gegründet, um den Menschen das Schwimmen und die Wasserrettung näher zu bringen.

„Nur etwa zwei Prozent der Bevölkerung konnten damals schwimmen“, so Daniel Ennever, stellvertretender Bezirksvorsitzender der DLRG Gelsenkirchen, in seiner Gedenkrede. Wie überall in Deutschland wehte am Samstag auch an der Rettungsstation im Stadthafen die Vereinsfahne auf Halbmast. In Gelsenkirchen gibt es seit 1949 einen Ableger, in Buer seit 1959. Heute zählt die Organisation im Stadtgebiet über 2000 Mitglieder.

Es funktioniert nur als Team

Im Wasserrettungsdienst sind etwa 40 Mitglieder aktiv. „Bis zur Stadtgrenze nach Herne kümmern wir uns am Wochenende und an Feiertagen ehrenamtlich um die Menschen am Kanal“, berichtet Holger Chojecki. Der Bootsführer liebt und lebt sein Hobby. Seine Frau Sandra hat er bei der DLRG kennen gelernt, Sohn Jason (zwei Jahre alt) ist das Bootfahren ebenfalls schon gewohnt.

Die Arbeit der DLRG funktioniert nur im Team. Und sie ist aufwändig: Im strömenden Regen lässt die Mannschaft am Samstag ihr Rettungsboot zu Wasser.

Rettung von Mai bis September

Dafür muss es aber erst zu einer so genannten „Slipstelle“ mit einem Einsatzfahrzeug gebracht werden. Am Steuer des Bullis sitzt Benedikt Lethmate. Für den 19-Jährigen ist es die erste Saison bei der Wasserrettung. „Es ist natürlich toll, wenn man schon in so jungen Jahren Verantwortung übernehmen kann.“ An der Station im Stadthafen gibt es keinen abgesenkten Bereich, um das Boot zu Wasser zu lassen. „Ein Boot ist zwar immer im Wasser, das zweite muss bei einem Einsatz aber erst geslippt werden“, so Detlef Gillmeister, Leiter der Öffentlichkeitsarbeit der DLRG Gelsenkirchen.

Von dem Aufwand kriegen die Schwimmer am Kanal nichts mit. „Wir unterstützen die Berufsfeuerwehr von Mai bis September“, so Holger Chojecki. Die wenigstens Einsätze sind aber tatsächliche Schwimmeinsätze. Häufiger komme es vor, dass sich Passanten an Glasscherben schneiden. „Zugenommen hat die Zahl der Bisswunden“, so Holger Chojecki. Viele Schiffsführer hätten sich Hunde angelegt, um sich gegen das sogenannten Anschwimmen zu wehren. „Wir übernehmen dann meist die Erstversorgung.“