Verkehrte Welt, mag man da auf den ersten Blick denken: Öffentliche Haushalte sind pleite, es wird um jeden Euro gefeilscht – und auf der anderen Seite wird das günstige Mietangebot für eine Hartz IV-Empfängerin abgelehnt, weil die Betriebskosten zu niedrig sind. Dabei ist der beschriebene Fall keiner mit der Duftmarke „passend gemacht“. Die Hartz IV-Empfängerin und der Vermieter, der nun nicht ihr Vermieter wird, haben es einfach nicht besser gewusst.

Beim Blick hinter die Kulissen wird dann durchaus deutlich, warum die Ausweisung der Nebenkosten auf mindestens 1,32 Euro reglementiert wird. Arme Städte wie Gelsenkirchen mussten in der Vergangenheit bei den Jahresendabrechnungen draufzahlen, weil offensichtlich eine ganze Reihe gewiefter Vermieter die Kaltmiete mit viel zu geringen Betriebskosten geschönt hatte.

Das Thema Hartz IV ist ein Fass ohne Boden. Beispielsweise die Größe einer Wohnung im Verhältnis zur Personenzahl, der so genannten Bedarfsgemeinschaft. Singles haben schon seit Sozialhilfezeiten einen Anspruch auf 45 Quadratmeter. Künftig sollen es auf höchstrichterlichen Beschluss bis zu 50 Quadratmeter sein. Ob das eine neue Kostenfalle für die Stadt wird, bleibt zunächst abzuwarten.

Nicht abwarten und fairen Tee trinken will Oberbürgermeister Frank Baranowski angesichts der immensen Kostenlast, die die Kommune für die Unterbringung samt aller Nebenkosten stemmen muss. Also hatte er die Bundesministerin für Arbeit und Soziales nach Gelsenkirchen eingeladen, um Arbeitsmarktprobleme und Kostenlast vor Ort zu diskutieren. Aber: Ursula von der Leyen (CDU) kommt nicht. Wozu gibt’s schließlich Ausschüsse und Gremien, in denen Arbeitsagenturen Erfahrungen und Bedürfnisse einbringen können?

Der OB ist zu Recht verärgert. Die Absage der zuständigen Ministerin mit dem lapidaren Hinweis auf vorhandene Gremien ist eine Klatsche für die Stadt, ihre Politik und für die Menschen. Wer heute verantwortlich für das Ressort Arbeits- und Sozialpolitik ist, darf die Augen vor den Auswirkungen für die Kommunen nicht verschließen.

Aber vielleicht kommt Ursula von der Leyen ja im nächsten Jahr mal kurz vorbei, um sich hier umzuschauen. Dann hofft sie nämlich auf kostenlose Gegenleistungen: Stimmen für die CDU bei der Wahl. . .