„Einer liest, keiner hört zu”: Dieser Buchtitel traf bei der „Melange”-Lesung am Montag im Café Meißner nicht zu. Autor Thomas Eicher las mit Ellen Stramplat aus seinem jüngst erschienenen Band mit Stories und Anekdoten rund um die beliebte Veranstaltung.
Im Publikum waren viele Stammgäste: Regelmäßige Besucher konnten natürlich die Protagonisten so mancher Geschichten wiedererkennen. Einer war sogar selbst gekommen: Schauspieler Georg Adler, seit Jahren eine feste Größe bei „Melange”, wurde gleich in mehreren Texten von Thomas Eicher verewigt. „Das ist ein tolles Buch, denn die Kunst ist ja, aus einem wahren Kern eine gute Geschichte zu machen”, meinte Adler. „Man erkennt sich wieder und zugleich wieder nicht, denn die Realität wird verfremdet und zugespitzt.”
Thomas Eicher und Ellen Stramplat inszenierten die Texte ebenso einfalls- wie abwechslungsreich zu einer amüsanten szenischen Lesung. Besonderes Geschick bewiesen sie darin, Pointen mit stimmlichen Mitteln hervorzuheben, etwa Stramplat mit ihrem Vortrag immer inbrünstiger werdender Liebesbriefe an einen Rezitator. Die Leidenschaft verglüht jedoch abrupt, weil der Angebetete beim lang ersehnten Treffen nur Augen für die Eierlikörtorte hat - worauf er an einer Salmonellenvergiftung stirbt.
Der Schauspieler, der wegen Orkanwarnung den Veranstaltungsort zwar nicht erreicht, aber in der Notunterkunft einen spontanen Vortragsabend gestaltet; der Rezitator, der sein Manuskript zu Hause vergisst und nun den örtlichen Buchhandel auf der Jagd nach Kästner-Werken heimsucht; der Künstler, der vor nur vier zahlenden Gästen nicht auftreten will, sich jedoch zu einem Vier-Gänge-Menü einladen lässt - Thomas Eichers Geschichten „hinter den Kulissen von Melange” bieten auch in gelesener Form beste Unterhaltung.