Gelsenkirchen.

Jens Schäfer übt sich in vorsichtiger Zurückhaltung. Mit gefühlten 5,6 Prozent sieht er die FDP dennoch im neuen Landtag.

Parteifreund Christoph Klug lehnt sich da schon richtig aus dem Fenster. „Ich bin echter Optimist und sage, wir werden unser letztes Ergebnis noch leicht verbessern.“ Das waren 2010 immerhin noch 6,7 Prozent. Von denen sind die aktuellen Umfrage-Ergebnisse allerdings ziemlich entfernt.

Dennoch blicken Schäfer, der 36-jährige Unternehmer, FDP-Fraktionschef und Kandidat der Liberalen für den Stadtbezirk GE II, und Klug, 37-jähriger Gastronom aus Buer, Ratsmitglied und Kandidat im Wahlkreis GE I (Nord), dem 13. Mai eher entspannt entgegen.

Virtuelle Sprechstunden

Was wohlmöglich auch am Lindner-Effekt liegt, dem Christoph Klug diesen spürbaren Motivationsschub an der Gelsenkirchener Parteibasis zuschreibt. „Nach dem ersten Schock über die Landtagsauflösung ging ein richtiger Ruck durch die Partei. Die Mitglieder sind höchst engagiert, im Wahlkampf zu helfen.“

Seit vergangenem Samstag sind die beiden FDP-Kandidaten täglich draußen, bei den Wählern, wie sie sagen. Mit hochgezogenen Mundwinkeln berichten sie, dass 14 Wahlhelfer pünktlich in der Nacht des 13. März „ordnungsgemäß“ plakatiert hätten. Es wird Info-Stände im Straßenwahlkampf geben, bei Facebook ist die FDP neu aufgestellt, bietet virtuelle Sprechstunden an, Kandidatenbriefe sind quasi auf dem Weg und selbst Youtube wird als Wahlkampfmedium genutzt. Klug kündigt ferner einen Haustür-Wahlkampf an. „Das kommt bei den Leuten unwahrscheinlich gut an“, erinnert er sich an seine ersten Erfahrungen aus dem NRW-Wahlkampf 2010, als er zum ersten Mal als Kandidat ins Rennen ging.

Eigene Inhalte rüber bringen

Sein großes Thema ist „Selbstbestimmung statt Bevormundung“. Klug beruft sich ein weiteres Mal auf den Hoffnungsträger Christian Lindner, wenn er den Spitzenkandidat der Liberalen in diesem Zusammenhang zitiert: „Der Bürger darf nicht zum Staatsinhalt werden.“ Als Beispiele für regelrechte staatliche Bevormundung zählt er auf: „Ladenschlusszeiten, generelles Tempolimit, Nichtraucherschutz.“ Parteifreund Schäfer, beruflich im Bundesverband mittelständiger Unternehmen unterwegs, hat die Belange des Mittelstands auch politisch auf dem Schirm.

Nein, man kann sie in diesem Wahlkampf nicht verschweigen, die Piraten. „Die Einheitsschule im Piraten-Programm ist ganz furchtbar“, sagt etwa Jens Schäfer. „Ich glaube, dass bei so einer Schulform Bildung mehr denn je vom elterlichen Einkommen abhängt. Weil alle, die es sich leisten können, ihre Kinder dann zur Privatschule schicken werden.“ Allerdings, so der liberale Kandidat, wolle man im Wahlkampf nicht immer auf andere schauen und sagen, was man an deren Programm blöd finde. „Wir wollen unsere eigenen Inhalte rüber bringen.“

Wenige Frauen im Wahlkampf

Und noch eine Frage drängt sich auf: Wo sind eigentlich die liberalen Frauen? Nun, das FDP-Duo Klug/Schäfer räumt ein, der 50-prozentige Frauenanteil in ihrer Partei sei schon ungewöhnlich. „Aber diesmal machen es die Männer.“

Vielleicht steckt ein wenig Zweckoptimismus dahinter, wenn Christoph Klug orakelt, er glaube nicht an Rot-Grün. Am Abend des 13. Mai wird man sehen, bei welcher Partei die Sektkorken richtig knallen. Gleich, wie die Landtagswahl ausgeht: Die Liberalen treffen sich im „Bikini“ in Buer. Was Jens Schäfer zu der augenzwinkernden Bemerkung veranlasst: „Ich trainiere schon dafür.“

Prominente Unterstützung

Im vergleichsweise ungewöhnlich kurzen Wahlkampf hat sich die Gelsenkirchener FDP prominente Wahlhelfer gesichert: FDP-Generalsekretär Patrick Döring kommt am Montag, 7. Mai, nach Gelsenkirchen und unterstützt das liberale Kandidaten-Duo. Bereits eine Woche vorher, am 30. April, steht der Hoffnungsträger seiner Partei höchstselbst auf der Liste der prominenten Wahlkämpfer: Christian Lindner wird an diesem Tag im International Business Club e.V. (IBC) auf Schloß Berge zum Thema Integration sprechen.