Gelsenkirchen.
Im Augenblick größter Konzentration, Sekunden bevor der Dirigent den Taktstock hebt, hält Sergej Dogadin andächtig und ehrfurchtsvoll sein kostbares Instrument wie eine Trophäe quer vor der Brust. Was er seiner Geige entlockt, als er den Bogen dann endgültig aufsetzt, das versetzte das Publikum im Musiktheater im Revier in Staunen und Begeisterung.
Die Euphorie nach dem 8. Sinfoniekonzert der Neuen Philharmonie Westfalen war sowohl der virtuosen Literatur aus dem Frankreich des späten 19. Jahrhunderts als auch den zwei hochkarätigen Gästen geschuldet. Mit dem erst 22-jährigen russischen Ausnahmegeiger und dem 35 Jahre alten Dirigenten Ken-David Masur, Sohn des legendären Kurt Masur, zelebrierte das Orchester einen farbprächtigen, schwelgerischen Klang.
Doppelgrippe mit Bravour genommen
Als brillanter Techniker und einfühlsamer Interpret glänzte Sergej Dogadin mit Camille Saint-Saens Konzert für Violine und Orchester Nr. 3 h-Moll, nahm die schwierigen Doppelgriffe und rasenden Läufe mit Bravour, kostete die himmlische Süße des Tons im zweiten Satz wunderbar aus. Unter der temperamentvollen Leitung von Masur gelang der dritte Satz voll opernhaften Glanzes äußerst effektvoll.
Ein schöner Kontrast dazu der getragen sinnliche Klang der populären Meditation für Violine und Orchester, „Thais“ von Jules Massenet. Ein Bravourstück für den Solisten, echtes Virtuosenfutter.
Der verabschiedete sich mit einer effektvollen Paganini-Zugabe als rasender Artist auf den Saiten. Jede Menge Bravos.
César Francks einzige, dreisätzige, aber opulente Sinfonie d-Moll fasziniert durch überreiche Harmonik, eingängige Motive und farbprächtige Instrumentation. Unter Masurs zupackendem Dirigat formte die Neue Philharmonie einen geschlossenen, sinnlichen Kosmos, der durch Kantabilität, aber auch Elan bestach. Dass der Dirigent die Partitur bestens kennt, dokumentierte nicht nur das Ergebnis: Masur dirigierte auswendig.