Gelsenkirchen.
Der gläserne Palast mitten in der Stadt ist bis heute sein bekanntestes Werk. Als Architekt Prof. Werner Ruhnau im Jahre 1959 sein geniales Meisterstück, das Musiktheater im Revier, der Öffentlichkeit präsentierte, sorgte er weltweit für Furore. Nun vollendete der Baukünstler sein 90. Lebensjahr und die Stadt Gelsenkirchen richtete ihm am Samstag einen Empfang aus, in „seinem“ Theater natürlich. Gleich unter den berühmten Schwammreliefs von Yves-Klein versammelten sich fast 200 Freunde, Weggefährten, Vertreter aus Kultur, Politik und Wirtschaft, um den noch immer vitalen Querdenker und kritischen Zeitgenossen zu würdigen.
MiR-Intendant Michael Schulz erinnerte sich an frühe Begegnungen mit Ruhnaus Schaffen in Kassel, lobte Ruhnaus liberale Weltoffenheit und sein gewichtiges Plädoyer für die Kunst. „Dieses Haus ist eine Aufforderung zum Dialog und zur Teilhabe. Wir sind froh, es in dieser Stadt zu haben.“ Und den Altersjubilar ermunterte: „Bleiben Sie so wach, so spielfreudig und so streitbar.“
Bis heute wacht der Baumeister mit Argusaugen über seinen Prachtbau, begleitet jede Renovierung mit aufmerksamem Blick und führt regelmäßig und kenntnisreich Besuchergruppen durch das Theater am Kennedyplatz. Bis heute gilt das Opernhaus auch als architektonisches Juwel, wegen seiner klaren Linien, seiner Transparenz, wegen des wunderbaren Zusammenspiels von Architektur und Kunst, wegen seiner Öffnung zur Stadt hin. Dass der Blick aus dem Foyer heute eher zugebaut, die freie Sicht auf die Kirchen verstellt ist, bemängelt der Baupionier offensiv.
Auch die Installierung einer Spielstraße (wie er sie 1972 zu den Olympischen Spielen in München realisiert hatte) zwischen Musiktheater und Hans-Sachs-Haus ist bis heute nur ein Traum geblieben. „Auf die Erfüllung dieses Traums hofft Ruhnau noch immer“, betonte Laudatorin Dr. Ursula Kleefisch-Jobst, Kuratorin des „M:AI NRW“, des Museums für Architektur und Ingenieurkunst. Sie warf einen Blick zurück auf Werk und Vita von Werner Ruhnau, der 1922 in Königsberg geboren wurde, in Danzig, Braunschweig und Karlsruhe studierte, weitere Theaterbauten u.a. in Münster und Essen realisierte und heute in der Ruhrmetropole lebt.
Die Laudatorin erinnerte an das avantgardistische Leben und Arbeiten in der Gelsenkirchener Bauhütte Mitte der Fünfziger, eingerichtet in einer ehemaligen Feuerwache, an ein Engagement, dem das Haus auch die leuchtend blauen Schwammreliefs von Yves Klein zu verdanken habe. Bürgermeister Klaus Hermandung zitierte dazu aus einem Presseartikel „das blaue Wunder von Gelsenkirchen“.
Eine kleine Ausstellung mit Entwürfen und Modellen lud die Festtagsgäste schließlich ein, sich weiter in den Ideen-Kosmos des Architekten und Künstlers zu vertiefen.