Gelsenkirchen.

Die Wellen, die das umstrittene Gedicht von Günter Grass geschlagen haben, sind in Gelsenkirchen angekommen. Beim Ostermarsch Rhein-Ruhr, der am Sonntag im Stadtgarten Station gemacht hat, war der Nahost-Konflikt Gesprächsthema Nummer Eins. Rund 100 Teilnehmer, die sich zuvor mit Fahrrädern in Essen auf den Weg gemacht hatten, wurden im Stadtgarten von Gelsenkirchener Friedensaktivisten mit viel Applaus in Empfang genommen.

Der Ostermarsch, der an drei Tagen zwischen Düsseldorf und Dortmund stattfand, lief unter der Überschrift „Ja zu zivilen Lösungen – Nein zu Krieg und Atomrüstung“. Am Samstag wurde die Aktion mit dem O-Ton-Festival im Stadtgarten eingeleitet (S. 2).

Nach der Ankunft des Fahrradkorsos, der von Leo Kowald vom Gelsenkirchener Friedensforum begrüßt wurde, legten die Teilnehmer einen Kranz zum Gedenken an die Opfer von Krieg und Faschismus am Mahnmal im Stadtgarten nieder. Gelsenkirchens IG Metall-Bevollmächtigter Robert Sadowsky erinnerte an die hiesigen Opfer des Naziregimes. In seiner Rede kritisierte der Gewerkschafter den weltweiten Einsatz der Bundeswehr, insbesondere den in Afghanistan: „Die fremden Truppen müssen raus aus Afghanistan. Sofort, nicht nur nach und nach.“ Ein Umdenken forderte er in den eigenen Reihen. Viele Beschäftigte in den Rüstungsbetrieben seien IG Metall-Mitglieder und würden sinkende Rüstungsaufträge fürchten. „Ich wäre ein schlechter Gewerkschafter, wenn mich das kalt ließe.“ Er wolle jedoch für diese Beschäftigten nicht irgendeine Arbeit. „Wir wollen gute Arbeit.“ Er forderte eine Umstellung von militärischer auf zivile Produktion, eine Menschenrechtsklausel für deutsche Rüstungsexporte und ein Mitspracherecht des Bundestages. An der Nato ließ Sadowsky kein gutes Haar.

Auch zum Nahost-Konflikt nahm IGM-Bevollmächtigte Stellung: „Wir Deutschen müssen besonders nachdenklich sein, bevor wir zur Politik Israels Stellung nehmen.“ Eine blinde Parteinahme für die jeweilige Entscheidung einer israelischen Regierung dürfe es nicht geben. „Unsere Verantwortung schließt die Garantie des Existenzrechts Israels und das Bemühen um einen palästinensischen Staat ein.“ Sadowsky kritisierte an Günter Grass’ Gedicht, dass Irans Präsident darin nur als „Maulheld“ abgetan wird. „Mit seiner Leugnung des Holocaust steht Ahmadinedschad an der Seite der Neonazis und Rechtsextremisten.“ Gleichzeitig lobte Sadowsky die von Grass geforderte Kontrolle des israelischen atomaren Potenzials und der iranischen Atomanlagen. Für Deutschland betonte der Metaller: „Der Kampf gegen Rechtsextremismus, Rassismus, Antisemitismus und Ausländerfeindlichkeit bleibt zentrale Aufgabe.“