Gelsenkirchen.

Die Zeiten sind bekanntlich nicht rosig und eine echte Besserung nicht in Sicht. Dennoch haben sich SPD, CDU, Bündnis 90/Die Grünen und die FDP darauf einigen können, den Haushalt der Stadt Gelsenkirchen für das Jahr 2012 und das Haushaltssicherungskonzept (Ausgleich in 2020) zu verabschieden und so erneut ein finanzpolitisches Bündnis einzugehen.

Der Weg in der Not wird also weiterhin gemeinsam beschritten, um der Bürgerschaft zu signalisieren: Es gibt einen Konsens, einen ausgeprägten Willen zur Solidarität, um „die Interessen unserer Stadt in den Vordergrund zu rücken, und zwar unabhängig von den politischen Mehrheitsverhältnissen in Stadt und Land“, wie es Dr. Günter Pruin, Fraktionsgeschäftsführer und finanzpolitischer Sprecher der SPD, am Donnerstagnachmittag im Rat formulierte.

Lage hat sich nicht verändert

An der Lage hat sich seit der Einbringung des Haushaltplanentwurfes im Dezember 2011 wenig geändert: Den Erträgen in Höhe von rund 751,1 Millionen Euro stehen aktuell Ausgaben in Höhe von gut 845,87 Mio. Euro gegenüber. Das macht einen Fehlbedarf von gut 94,8 Millionen Euro aus, der durch Veränderungen aber noch einmal auf 89,1 Millionen Euro reduziert werden konnte.

Was das heißt? Es gibt nach wie vor kein Geld, das verprasst werden könnte. Es muss weiter streng konsolidiert werden, um irgendwann auf einen grünen Zweig kommen zu können. Peter Tertocha, Fraktionssprecher der Bündnisgrünen erinnerte in seiner Haushaltsrede an ein eher traurig stimmendes Jubiläum: „Gelsenkirchen betreibt seit 1987 Haushaltskonsolidierungspolitik, wir feiern dieses Jahr also das silberne Konsolidierungsjubiläum.“

Zusammenhalt der Parteien nicht selbstverständlich

Einig ist sich das finanzpolitische Bündnis darin, dass trotz aller unterschiedlichen Interessen, die die Parteien jedes Jahr aufs Neue mit ihren Anträgen verfolgen, „die Diskussionskultur zwischen SPD, CDU, Grünen und FDP in Haushaltsfragen gut und sinnvoll für die Stadt ist“, wie es Tertocha formulierte. Und Günter Pruin sagte zu dem Thema: „Diese gemeinsame Positionierung ist keineswegs selbstverständlich.“ Sie habe aber dazu beigetragen, dass in Gelsenkirchen keine prägenden Strukturen zerschlagen wurden und gleichzeitig immer noch gestalterische Akzente für die zukünftige Entwicklung der Stadt gesetzt werden konnten.

Wo aber geht die Reise hin? Angestrebt ist der Haushaltsausgleich im Jahr 2020. Darauf ist das Sicherungskonzept ausgelegt. Klar ist aber auch, dass die Anstrengungen noch groß genug sein werden, um dieses Ziel zu erreichen. Für Erleichterungen kann eine Teilnahme am Stärkungspakt Stadtfinanzen der Stufe II sorgen. Dieses Geld nicht liegen zu lassen, darin ist sich das finanzpolitische Bündnis ebenfalls einig.

Weitere Unterstützung von Bund und Land nötig

Doch ohne weitere Hilfe von außen, auch aus Berlin, wird es trotzdem auf Dauer nicht gehen. Das stellte Werner Wöll, Fraktionsvorsitzender der CDU, in seiner Rede heraus. „Bei allen Anstrengungen – mit oder ohne Geduld – werden wir es alleine nicht schaffen.“

Er richtete seinen Blick kritisch auf die Umlage-Institutionen Regionalverband Ruhr und Landschaftsverband Westfalen-Lippe. „Nach wie vor muss die Unterstützung des Landes und des Bundes eingefordert werden.“ Die Kosten für die Grundsicherung im Alter, die Berlin übernehme, sei ein Anfang, „weitere Entlastungen aber sind erforderlich.“ Wie die Übernahme eines Teils der Kosten für die Eingliederungshilfe von Menschen mit Behinderungen.

Jens Schäfer, Fraktionsvorsitzender der FDP, erinnerte ebenfalls daran, wie eng die Luft sei, und: „Wir haben bereits vor Jahren das Tafelsilber verkauft und Schulden getilgt. Wir haushalten mit Weitsicht und Verantwortung.“ Zur weiteren Konsolidierung wünschen die Liberalen sich Geld aus dem Solidaritätszuschlag Ost. „Es muss Schluss sein mit der Verteilung nach Himmelsrichtungen.“

Für das Bürger-Bündnis Gelsenkirchen (BBG) reicht all das nicht. Das BBG sieht keine wesentliche Kehrtwende in den Entscheidungen der etablierten Parteien, sondern „eine Wiederholung der vergangenen Jahre“, wie es die Fraktionsvorsitzende Marion Strohmeier ausdrückte. Kernkritik ist, dass der vorgelegte Haushalt unsozial sei. „Denn es gibt keine Verbesserungen für die in Gelsenkirchen in Armut lebenden Menschen. Daher können wir diesem Haushalt nicht zustimmen.“

Mehrheit beschließt Teilnahme am Stärkungspakt Stadtfinanzen II

Nun steht auch offiziell fest, was das Finanz-Bündnis bestehend aus SPD, CDU, Grünen und FDP bereits öffentlich mitgeteilt hatte: Die Stadt Gelsenkirchen bewirbt sich für eine freiwillige Teilnahme am Stärkungspakt Stadtfinanzen der Stufe II. Das wurde am Donnerstag in der Ratssitzung mit großer Mehrheit so beschlossen.

Günter Pruin erinnerte in einer Rede an die drohende Überschuldung spätestens im Jahr 2016. Der finanzpolitische Sprecher der SPD-Fraktion wies zudem darauf hin, dass Gelsenkirchen bei einer Nichtteilnahme zu jenen gehören werde, die als Arme die noch Ärmeren mitfinanzieren müssten. Dem gegenüber stünde eine mögliche Entlastung des städtischen Haushaltes über den Konsolidierungszeitraum von 2012 bis 2020 von wahrscheinlich mehr als 165 Millionen Euro. Damit ließe sich ein Haushaltsausgleich nach den Berechnungen der Kämmerei bis zum Jahr 2018 darstellen.