Gelsenkirchen. Wo früher Bratwürste hergestellt wurden, steckt die Fleischerei Mercan heute Dönerspieße. Unser Rundgang führt durch die Produktionsstätte an der Beckeradsdelle. Dort fliegen die Fetzen: Die Metzger werkeln mit schweren Hackebeilen und langen Messern.
„Früher”, sagt Hakan Dülger und lacht, „früher wurden hier typisch deutsche Bratwürste hergestellt - natürlich aus Schweinefleisch.” Das sucht man hier heute vergeblich: Seit 2003 produziert die Firma Mercan in den Räumen der ehemaligen Fleischerei Ridderskamp an der Beckeradsdelle Dönerspieße - für den Lieblingsimbiss der Deutschen.
Doch bis sich der Fleischspieß in den Restaurants und Imbissbuden des Ruhrgebiets dreht und als türkische Spezialität in das Fladenbrot kommt, ist es ein weiter Weg. Und der beginnt bei Mercan um sechs Uhr morgens in der Wareneingangshalle mit der Anlieferung des rohen, noch unbearbeiteten Fleisches: Hähnchenschenkel, Oberbein von der Pute und Keulen vom Kalb kommen hier an - geliefert von Händlern aus dem ganzen europäischen Ausland: „Wir verwenden zu 90 Prozent deutsches Fleisch, der Rest kommt aus Holland oder Dänemark”, erklärt Mercan-Geschäftsführer Hakan Dülger. Auch wenn die Händler aus Osteuropa deutlich billiger seien, Dülger zahlt gerne drauf - „wegen der besseren Qualität”.
Hygiene und Sauberkeit stehen am Anfang
Diese soll auch durch absolute Sauberkeit und Hygiene bei der Herstellung der Dönerspieße gewährleistet werden: Jeder, der 30 in der Produktion beschäftigen Mitarbeiter, muss während der Arbeit nicht nur eine spezielle Kleidung, Mundschutz und Haarnetz tragen, sondern sich vor dem Eintritt in den Betrieb mehrmals desinfizieren. Anschließend warten die morgens angelieferten Fleischmengen, die in großen roten Kisten ihrer weiteren Verwendung harren.
Und dann fliegen die Fetzen: Mit schweren Hackebeilen und langen Messern trennen die Metzger das Fleisch von den Knochen. „Ein guter Arbeiter schafft bis zu 1000 Stücke Fleisch am Tag”, rechnet Hakan Dülger vor. Dabei sei der Job nicht einfach: „Man arbeitet den ganzen Tag im Stehen. Dazu zieht die Kälte in die Knochen.” Die Produktionshallen werden permanent gekühlt, dürfen nie wärmer als 14 Grad werden.
Die Männer arbeiten schnell und konzentriert, gesprochen wird wenig. Ist eine Kiste mit Hähnchenschenkeln „entkernt”, kommt sie in den sogenannten „Tumbler”, in dem das Fleich mit Gewürzen vermischt wird. Über die genau Zusammensetzung der Kräutermischung schweigt sich Hakan Dülger aus: „Jeder Dönerproduzent hat da sein Geheimrezept.” Anschließend wird das Fleisch auf die bekannten Spieße gesteckt - je nach Sorte mischen die Metzger Pute, Hähnchen, Kalb und Hackfleisch. Dann werden die Fleischberge, die langsam an Gestalt gewinnen, in Folie gehüllt und schockgefroren - bei bis zu minus 40 Grad.
Lieferungen gehen nach ganz Europa
Nach einigen Stunden sind sie bereit zum Abholen und Ausliefern - nach Gelsenkirchen, ins restliche Ruhrgebiet, nach Deutschland, nach ganz Europa. Bis zu zehn Tonnen Dönerfleisch stellt Mercan auf diese Weise zu Hochzeiten her. Aktuell wird die Produktion jedoch langsam zurückgefahren: „Weihnachten steht vor der Tür”, sagt Hakan Dülger. Was die Händler anderer Waren frohlocken und den Umsatz in die Höhe schnellen lässt, bedeutet eine sinkende Nachfrage für Döner: „Die Leute kochen und essen einfach öfter zu Hause.”
Gleiche Probleme wie bei der Bratwurst
Die negative Berichterstattung über die Hygiene in Dönerbuden trifft auch die Produzenten - obwohl diese sogar noch strenger kontrolliert werden als die Imbissläden. „Da sind die Anforderungen schon deutlich höher”, weiß Klaus Karrasch vom Amt für Veterinär- und Lebensmittelüberwachung. „Ich verstehe aber auch gar nicht, warum immer auf dem Döner rumgehackt wird”, fragt sich Hakan Dülger: „Bei den Bratwürsten gibt es doch genau die gleichen Probleme.”