Gelsenkirchen.

Wer wagt, gewinnt. Und im speziellen Fall sollen Kinder um die sechs Lebensjahre herum auf der Gewinnerseite stehen. Kinder, die in Familien mit Suchtproblemen aufwachsen. Kinder, die Vater oder Mutter schon nachmittags „abgeschossen“ neben der leeren Flasche liegend erleben. Kinder, die mit Eltern zusammenleben, die vielleicht sogar andere als hochprozentige Drogen konsumieren, um ihre Alltagssorgen zu deckeln.

Dieser speziellen Problematik zu begegnen und Kinder in solch extrem schwierigen Lebenssituationen stark zu machen, ist ein Anliegen – oder, um im Bild zu bleiben, ein „Wagnis“ – von Wolfgang Heinberg. Der CDU-Politiker und Sozialexperte hatte in der jüngsten Sitzung des Kinder-, Jugend- und Familienausschusses beantragt, 50 000 Euro für das Pilotprojekt „Tough enough“ in den Haushalt einzustellen. Um Kindern von Suchtkranken Halt zu geben. Ein Vorstoß, den die Geschäftsführerin des Vereins Sucht-Jugend-Kommunikation e.V. und Leiterin des Drogenberatung-KontaktCentrums, Munevera Ackermann, ausdrücklich unterstützt.

Gespräche sollen Kinder entlasten

„Die Kinder von Abhängigen kommen zwar mit in die Beratungsstelle, aber wir haben noch kein spezielles Angebot für sie“, berichtet die Diplom-Sozialpädagogin. Für Eltern gebe es ausreichend Hilfsangebote, die Kinder dagegen liefen einfach so mit. Dabei seien sie schwierigen Problemen ausgesetzt. Über die häuslichen Verhältnisse würden sie aus Scham schweigen, könnten also mit niemandem darüber reden. „Das Geheimnis in der Familie, dass Papa oder Mama zum Beispiel trinken, kapselt die Kinder ein“, sagt die Fachfrau, die durch ein gezieltes Angebot den Kindern helfen möchte, über ihr Problem zu sprechen. In Einzelgesprächen aber auch in einer kleineren Gruppe betroffener Kinder sollen Mädchen und Jungen lernen, dass sie nicht alleine sind mit ihrer familiären Situation. „Die Gespräche sollen Kinder entlasten“, sagt Munevera Ackermann. Sie sollten erkennen, dass sie nicht die Verantwortung für die Suchterkrankung ihrer Eltern tragen, sollen stark gemacht werden – eben „tough enough“ – um nicht selbst irgendwann einem Suchtmittel zu verfallen.

Aufsuchende Sozialarbeit

683 Frauen und Männer mit Suchtproblemen wurden im Jahr 2010 an der Liboriusstraße 37 beraten und betreut. Etwa 80 von ihnen haben eigene Kinder, die in der Beratungsstelle bekannt sind. Die Altersspanne: fünf Monate bis 14 Jahre. Eine kleinere Zielgruppe – etwa acht Kinder – sollen nach Worten von Wolfgang Heinberg im Projektzeitraum von drei Jahren gezielte Unterstützung bekommen. „Es soll eine aufsuchende Sozialarbeit sein“, sagt Heinberg. Er beziehungsweise die CDU-Fraktion, die geschlossen hinter dem Antrag für „Tough enough“ stehe, habe sich bewusst einen freien Träger ausgesucht. Im angepeilten Projektzeitraum wolle man auch einen Wirksamkeitsdialog führen, um fundierte Erkenntnisse zu gewinnen. „Durch so ein Pilotprojekt können wir aufzeigen, dass es sich lohnt weiter zu machen.“

Munevera Ackermann hat schon ziemlich konkrete Ideen, wie die Arbeit mit den Kindern aussehen könnte. Und sie betont: „Wir möchten als Träger nicht allein da stehen, Kontakte knüpfen und auch mit der Jugendhilfe zusammenarbeiten.“ Ein Beratungspartner ist schon gefunden: Das Projekt „Fitkids“ in Wesel ist ähnlich angelegt.