Gelsenkirchen. .

Wie, und vor allem wo, können Senioren im Alter leben? Rund 70 000 Menschen über 60 Jahre wohnen derzeit in Gelsenkirchen, alt fühlen sich die meisten nicht. Mit 60 Lenzen gehören sie zu den „Best Ager“, Senior ist man, frühestens, ab 80. Dennoch gibt es schon jetzt einen Engpass auf dem Wohnungsmarkt bei seniorengerechten, bezahlbaren Bleiben. Auf Einladung des Seniorenbeirats trafen sich nun rund 40 engagierte Ältere zu einer Zukunftswerkstatt in der Volkshochschule. In Projektgruppen diskutierten sie, wie man Altbestände seniorengerecht umbauen kann, ob Förderprogramme nötig sind und wie die Nahversorgung in den Stadtteilen sicher gestellt werden kann.

„Es müssen ganz neue Ideen her, Ältere könnten für junge Familien ihr Haus räumen und stattdessen in die kleinere Wohnungen der Jungen ziehen“, sinniert Ernst Majewski, Vorsitzender des Seniorenbeirats. Er sieht auch die Bundesregierung in der Pflicht, entsprechende Fördergelder für den Umbau von Wohnungen und für die Gestaltung des demografischen Wandels bereit zu stellen, schließlich handele es sich um ein deutschlandweites Phänomen. Der Neubau von Seniorenwohnungen sei dabei oft einfacher zu regeln als Häuser aus den 50er Jahren zu sanieren. „Viele können sich eine Seniorenresidenz kaum leisten und möchten zudem möglichst lange zu Hause bleiben“, so Majewski.

Selbstbestimmend leben

„Ich bin 65 Jahre alt und merke langsam, dass ich in ein Alter komme, in dem ich mich mit der Zukunft beschäftigen sollte“, sagt Doris Stöcker. Dabei ist ihr wichtig, dass sie selbst bestimmen kann, wie sie im Alter einmal leben möchte und nicht über ihren Kopf hinweg entschieden wird. „Ebenso wichtig ist, dass wir die Migranten in die Diskussionen einbeziehen und fragen, wie deren Vorstellungen von der Zukunft aussieht“, betont Majewski. Deren Position vertritt Yusuf Derdiyok in der Diskussion. „Viele Türken sind hier alt geworden, haben aber Scheu in ein Altenheim zu gehen.“

Wilfried Reckert, Seniorenbeauftragter der Stadt, will einen Dialog organisieren, der auch Hausbesitzer aufklärt, wie sie ihren Bestand anpassen könnten. Für Mieter gibt es lange Wartelisten. Die meisten öffentlich geförderten Wohnungen können zudem nur von Personen bezogen werden, die einen Wohnberechtigungsschein vorweisen können. „Wenn nun aber der Mann eine gute Rente hat, dann kommen diese Wohnungen nicht in Frage – und auf dem freien Markt ist es direkt sehr teuer“, kennt Majewski die Probleme. „Es gibt Leerstand und viele ältere Mieter wären froh, wenn er saniert würde“, bestätigt auch Reckert. Theoretisch könnten Hausbesitzer nach einer Renovierung bis zu elf Prozent mehr Miete verlangen, allerdings könne das in Gelsenkirchen kaum jemand bezahlen. Mit Hilfe der Zukunftswerkstatt soll das Problem bis 2020 behoben werden. „Wir werden die Vorschläge weiter diskutieren und in den Rat einbringen. Wenn nötig spreche ich auch die Landtags- und Bundestagsabgeordneten an“, so Majewski.

Zwei Besucherinnen sind sich einig: „Alt werden kann man hier schon. Nur, wenn man gebrechlich wird, hat man ein Problem“.