Gelsenkirchen.

Den Ernst der Lage verkennt die SPD-Fraktion nicht. Wie auch! „Schon vor der Einbringung des Haushalts 2012 war uns klar, dass die Finanzlage der Stadt weiterhin extrem ernst ist“, sagen Fraktionschef Dr. Klaus Haertel und Fraktionsgeschäftsführer Dr. Günter Pruin im WAZ-Gespräch. Und dass ein strukturelles Defizit von fast 100 Millionen Euro, verursacht durch hohe Soziallasten, durch die Kosten der Arbeitslosigkeit und durch den Soli („Aufbau Ost“), aus eigenen Kräften nicht ausgeglichen werden könne.

Als wichtiges Signal werten Haertel und Pruin, dass der Haushalt 2011 und das Haushaltssicherungskonzept von der Bezirksregierung Münster am Montag genehmigt worden sind. Das sei eine gute Basis für weitere Zusammenarbeit – und dazu passt dieser SPD-Vorschlag: „Wir möchten einen Arbeitskreis Finanzen bilden, in dem die demokratischen Fraktionen alle Entwicklungen zeitnah analysieren und strategisch beraten können.“ Dazu gehöre u.a. die Prüfung der Teilnahme an der zweiten Stufe des Stärkungspaktes.

Für die Sozialdemokraten ist das so etwas wie der „Gelsenkirchener Weg“: trotz absoluter Mehrheit nicht durchzuregieren, selbstkritisch alles auf den Prüfstand zu stellen und den demokratischen Konsens zu suchen.

Das, unterstreichen Haertel und Pruin, sei trotz der schwierigen Situation im ablaufenden Jahr schon oft gelungen, mal mit dem einen Partner, mal mit anderen. Dieser Haltung sei es zu verdanken, dass die Stadt an vielen Stellen attraktiver gestaltet wurde (u.a. Umbau Domplatte in Buer) und das soziale Netz erhalten worden ist.

Wohin die Reise 2012 gehen soll, hat die SPD-Fraktion so formuliert.

1. Arbeitsmarktpolitik

Zentraler Bestandteil soll die Schaffung und nachhaltige Sicherung von Arbeitsplätzen bleiben. Die SPD will auf industrielle Arbeitsplätze nicht verzichten, deshalb spreche man sich für die Norderweiterung von BP in Scholven und die Ansiedlung des Bergbaudienstleisters Haus Vogelsang auf dem Bergmannsglück-Gelände in Hassel aus.

2. Investitionen – Prioritätenliste

Die SPD-Fraktion will dafür eintreten, eine qualitativ bewertete Prioritätenliste aufzustellen, die es nachvollziehbar mache, welche Investitionen an welche Stellen platziert werden. So werde ein demokratisches Ringen um Schwerpunktsetzungen möglich, sagen Haertel und Pruin. Aus Bundes- und Landesmitteln geförderte Projekte sollen Vorrang haben, weil über einen geringen Eigenanteil hohe Investitionen ermöglicht würden.

3. Bildungspolitik

Beste Bildung, gerechte Bildungschancen, individuelle Förderung und Betreuung bilden die Kernaufgaben. Indiz für gute Arbeit sei etwa die Auszeichnung des Gelsenkirchener Modells (lückenloses System von Prävention und Betreuung) mit dem European Award of Excellence „City for Children 2010“. Kindertagesstätten mit dem Ausbau der U3-Plätze sollen zentraler Bestandteil des Konzeptes sein.

4. Schulentwicklungsplanung

Längeres gemeinsames Lernen ist das Modell der Zukunft für die SPD. Ziel bleibe es, die Versorgung des Stadtgebietes mit weiterführenden Schulen flächendeckend zu erhalten. Aufgrund sinkender Schülerzahlen biete die neue Sekundarschule bessere Möglichkeiten an als ein starres Festhalten am dreigliedrigen Schulsystem. Der „Inklusive Unterricht“ soll konsequent vorangetrieben werden.

5. Stadtentwicklung und Stadtplanung

Haertel: „Für die SPD-Ratsfraktion wird es in konsequenter Weiterentwicklung des integrativen Ansatzes darum gehen, Stadtbild, Bauten, Infrastruktur und andere Aspekte für die unterschiedlichsten Altersgruppen und im Rahmen der demografischen Entwicklung miteinander zu verzahnen.“

6. Zukünftige Energieversorgung

Angesichts der auslaufenden Konzessionsverträge bestehe laut SPD die Möglichkeit einer Neustrukturierung. Maßgebliches Kriterium sei die wirtschaftlich optimale Leistungserbringung gefolgt von einer kommunalfreundlichen Gestaltung des neuen Vertrages.

7. Sicherheit, Ordnung, Sauberkeit (SOS)

Im Rahmen der Haushaltsberatungen soll geprüft werden, ob mehr Personal für die SOS-Themen, die für die Menschen einen hohen Stellenwert hatten, eingesetzt werden können. Dazu gehöre u.a. eine Verbesserung des bestehenden Netzwerkes. Geprüft werden soll laut SPD auch, ob über das Programm „Bürgerarbeit“ der Einsatz von Kräften in Parks oder auf Friedhöfen ermöglicht werden könne.

8. Radfahren im Alltag im Rahmen der Verkehrspolitik

Die SPD will die verstärkte Nutzung des Fahrrades im Alltagsverkehr stützen. Dieser Punkt soll 2012 gefördert und zu einem inhaltlichen Schwerpunkt gemacht werden.