Gelsenkirchen.

Irgendwo in der Stadt: ein Elternabend in der Kindertageseinrichtung. Das Programm für die kommenden Monate wird vorgestellt, Erziehungsziele definiert, Aktionen erläutert. Im Kreis auf Kinderstühlen sitzen andächtig zuhörend viele Mütter. Väter sind nur spärlich vertreten. Sie sind Exoten in der Runde. Immer noch.

Dieses Bild soll sich nach dem Willen von „GeKita“ in naher Zukunft spürbar verändern. Die „Gelsenkirchener Kinderbetreuung“ geht das ehrgeizige Vorhaben mit einem großen Plan an, der den Titel trägt: „… und Papa macht mit – Aktive Väter bereichern jede Kita“.

Im Wissenschaftspark gab es zum Thema eine trägerübergreifende Fachtagung, die sich neben all den professionellen Adressaten auch und vor allem an Väter richtete. „Ziel der Veranstaltung war es, die Bedeutung und die Möglichkeiten der Beteiligung von Vätern in Kitas in unterschiedlichen Zusammenhängen aufzuzeigen“, erläutert Alfons Wissmann, Referatsleiter Erziehung und Bildung und Betriebsleiter „GeKita“. Entsprechend sollten Anregungen aus der Fachtagung schnellst möglich in die Arbeit der Tageseinrichtungen und Familienzentren eingebunden werden.

Die Resonanz war ordentlich: Gut 140 Personen kamen, ca. 90 waren pädagogische Fachkräfte, der Rest die heiß begehrte Zielgruppe: interessierte Väter. Auch ein Großvater und ein türkischer „Tagesvater“ (Kindertagespflege) nahmen teil. Sie alle erfuhren nebenbei von einer thematischen Verknüpfung. Denn die Tagung diente als weiterer Ansatz für die Initiative „Kitas brauchen Männer! - Eine Aktion der Stadt Gelsenkirchen“ (die WAZ berichtete).

Einfacher ausgedrückt: Es läuft ein gut gemeinter Großangriff auf die Väter, sich aktiv(er) in die Arbeit mit und für Kinder einzubringen.

Wer den Weg in den Wissenschaftspark antrat, konnte sich hineindenken in das Ansinnen der Stadt und interessante Beiträge erleben. Dr. Remi Stork etwa, Referent für Familienpolitik und Grundsatzfragen der Jugendhilfe, widmete sich mit dem Vortrag „Kommt weg vom Rand! Warum die Zusammenarbeit mit Vätern so wichtig ist.“ der Bedeutung von Vätern in der Sozialisation eines Kindes. Stork ging auf die hohe Bedeutung der Väter für die kindliche Entwicklung, die Bindung des Kindes an den Vater, kulturelle Aspekte, den „sozialen Vater“ (andere männliche Orientierungspersonen in der Familie) ein und zeigte, wie die Kita-Einbindung von Vätern gelingen kann.

„Dabei muss man sich vor Augen halten, dass gerade einmal 2,4 Prozent der pädagogischen Fachkräfte in den Tageseinrichtungen für Kinder männlich sind“, sagt Alfons Wissmann. Und nicht viel anders sehe es in der Grundschule aus. „Das ist umso mehr ein Grund, Väter anders wahrzunehmen, sie zu aktivieren und sie bewusster in den Alltag von Kitas einzubinden.“

Angesichts dessen gewinnt auch die Wandlung der Geschlechterrollen weiter an Bedeutung. War es früher selbstverständlich, dass die Frau die Erziehung der Kinder übernahm und der Mann sich um das wirtschaftliche Auskommen kümmerte, hat sich diese Aufgabenverteilung verändert. „Heute findet sich das Glück einer Familie in einem ausgewogenen Verhältnis von Familie und Beruf wieder“, so Wissmann. Dies zeige sich u.a. in ständig steigenden Anteilen von Vätern, die das Angebot der Elternzeit nutzen oder an Geburtsvorbereitungskursen teilnehmen würden. – Und irgendwann werden sie auch im Kreis auf Kinderstühlen sitzen und andächtig zuhören.