Gelsenkirchen. In der Emscher-Lippe-Region hat die Zahl der gemeldeten Ausbildungsstellen leicht zugenommen. Vor allem im Handwerk stieg die Zahl der neuen Ausbildungsverhältnisse um mehr als 100 an.

Mit einem schüchternen Lächeln sitzt Berrin Öztürk im Konferenzzimmer des Sozialen Hilfsdienstes (SHD). Wüsste man es nicht besser, müsste man glauben, die 21-Jährige fühle sich an der Polsumer Straße in Buer nicht wohl.

Dabei liegt das aber eher an der ungewohnten Umgebung. Gemeinsam mit den führenden Köpfen von Arbeitsagentur, Industrie- und Handelskammer Nord-Westfalen, Kreishandwerkerschaft und Gewerkschaftsbund sitzt sie da, um die Zahlen für das Ausbildungsjahr 2010/2011 zu präsentieren, denn Berrin Öztürk ist eine Erfolgsgeschichte.

Die junge Frau aus Schalke hat es geschafft. Nach über 100 vergeblichen Bewerbungen, ist sie jetzt auf dem Weg zur Kauffrau im Gesundheitswesen. Öztürk ist behindert, kann nicht richtig laufen und doch ist sie für ihre Aufgaben beim SHD voll belastbar. „Wir suchten ausdrücklich nach einer Auszubildenden mit Behinderung, da wir nach dem Umzug in unsere neuen Räume die Möglichkeit haben, auch eingeschränkten Menschen einen Ausbildungsplatz zu bieten. Der Kontakt mit der Arbeitsagentur war perfekt und so haben Frau Öztürk und wir zueinander gefunden“, sagt Barbara Cornelius, Pflegedienstleiterin beim SHD.

„Ich habe zwei Praktika gemacht und dann am 1. August meine Ausbildung begonnen. Ich bin sehr glücklich, dass das geklappt hat. Ich muss Anrufe und Anfragen von Kunden bearbeiten, Verordnungen schreiben und Dienstpläne bearbeiten“, sagt die junge Frau, die trotz Fachhochschulreife so lange auf eine Ausbildung warten musste. „Wir sind sehr zufrieden mit ihr. Sie war erst noch schüchtern, jetzt ist sie aber voll in die Arbeit integriert“, so Barbara Cornelius.

Insgesamt bietet das Ausbildungsjahr 2010/2011 viele Erfolgsgeschichten, auch wenn nicht alle jungen Menschen eine Ausbildungsstelle gefunden haben. „4219 junge Menschen waren bei uns für eine Ausbildungsstelle gemeldet, dem gegenüber stehen 2414 Ausbildungsstellen“, sagt Luidger Wolterhoff, Leiter der Agentur für Arbeit Gelsenkirchen, der die Zahlen für die Region Gelsenkirchen, Bottrop und Gladbeck vorstellte. Dabei bilde das nicht den ganzen Markt ab, denn nicht alle Unternehmen finden ihren Nachwuchs mit Hilfe der Arbeitsagentur.

Im Vergleich ist das ein leichter Anstieg der verfügbaren Ausbildungsstellen (2352 in 2009/2010), bei elf Suchenden mehr im Vergleich zum Vorjahr. „Wir sind damit sehr zufrieden, denn nur durch Ausbildung können wir dem drohenden Fachkräftemangel zumindest in Teilen begegnen“, so Wolterhoff. 4177 der Bewerber sind im sogenannten Status „versorgt“, sind also in Ausbildung, auf dem weiteren Schulweg, oder einer Maßnahme der Arbeitsagentur.

„Besonders gute Erfahrungen haben wir mit der sogenannten Einstiegs-Qualifikation gemacht. Hier schnuppern Schulabgänger in einem Praktikum in einen Beruf hinein. Auch um für sich selbst zu erkennen, ob der Beruf etwas für sie ist. Rund 70 Prozent der jungen Menschen aus diesen Einstiegs-Qualifikations-Maßnahmen finden nach dem Praktikum auch eine Ausbildungsstelle“, erklärt Wolterhoff.

Die Hälfte der Auszubildenden sei aus dem aktuellen Schulabgangsjahr. „Und für alle, die bis jetzt noch nicht ihre Traum-Ausbildungsstelle gefunden haben, ist Berrin Öztürk das beste Beispiel, die Suche nicht aufzugeben“, so der Arbeitsagentur-Chef.

Zahlen der IHK bleiben identisch

Die von der Industrie- und Handelskammer (IHK) Nord-Westfalen betreuten Ausbildungsverhältnisse sind im Vergleich zum Vorjahr nahezu identisch. „1456 Verträge sind von uns geprüft. Das sind zwei weniger als im Vorjahr“, erklärt Geschäftsführer Peter Schnepper. Einen stark positiven Trend gibt es dagegen bei der Kreishandwerkerschaft. „Im letzten Jahr hatten wir 417 neue Lehrverhältnisse, in diesem Jahr sind es 525, also 108 mehr. Das freut uns sehr. In unseren rund 1000 Mitgliedsbetrieben sind derzeit 1516 Auszubildende über alle Lehrjahre beschäftigt“, erklärt Egbert Streich, Geschäftsführer der Kreishandwerkerschaft. Neu sei hier aber, dass nicht nur Stellen im Bäcker- und Fleischer-Handwerk nicht besetzt seien, sondern auch Stellen in den Bereichen Sanitär, Elektro und Tischler. Grund dafür sei die mangelnde Qualifikation der Bewerber.