Gelsenkirchen. Wer ans „Weiße Rössl“ denkt, denkt unweigerlich an Peter Alexander. An Schmelz und Schmalz, an Walzerseligkeit und alte Kinoherrlichkeit. Zumindest, wenn er schon seit ein paar Tagen den Kinderschuhen entwachsen ist. Wenn aber das Musiktheater im Revier die Ralph Benatzky-Operette „Das weiße Rössl“ auf die Bühne bringt, dann verspricht es eine echte Überraschung.

Denn die Produktion, die am 12. November Premiere im Großen Haus feiert, verzichtet auf die weichgespülte Filmfassung und inszeniert stattdessen die rekonstruierte Originalversion aus dem Jahre 1930. Und die ist, kündigt Regisseur Peter Hailer an, deutlich frecher, jazziger, frischer.

Angst bekommen muss nun aber auch niemand, dass er das gute alte Rössl nicht mehr wiedererkennt: „Die Musik bleibt die gleiche, nur der Sound ist ein ganz anderer, er hat mehr Swing. Wer noch die Filmmusik im Ohr hat, wird jetzt verblüfft sein.“ Was der Geschichte dieser Operette geschuldet ist.

Ursprünglich war das Werk mit ausgelassenem Revuecharakter für das Große Schauspielhaus Berlin konzipiert, während der Nazi-Zeit aber als „entartet“ geächtet. Danach erlebte das Rössl jede Menge Umarbeitungen und Einfügungen. Hailer: „Plötzlich erklangen Heurigen-Lieder ohne Ende, obwohl es die im Original gar nicht gibt.“

Bernhard Stengel, musikalischer Leiter der MiR-Produktion, bestätigt: „Statt einer Jazzband und ursprünglicher Banjos kamen plötzlich Geigen zum Einsatz.“

So lehnte Hailer, der in der vergangenen Spielzeit mit großem Erfolg „Anatevka“ am Musiktheater inszeniert hatte, auch immer dankend ab, wenn ihm das „Rössl“ angeboten wurde. Jetzt aber, bei der 2009 wiederentdeckten Originalversion, griff er zu: „Wir sind erst das vierte Haus, das die Operette in dieser Version wieder auf die Bühne bringt.“

Die Musik schmissiger, die komödiantische Geschichte vom Weißen Rössl am Wolfgangsee doch die alte: Buntes Hotel-Treiben im Salzburger Land, Großstädter, die auf Landeier treffen, Irrungen und Wirrungen rund um drei potenzielle Liebespaare, im Mittelpunkt dabei Zahlkellner Leopold und Rössl-Wirtin Josepha Vogelhuber.

Ein Spiel, so sieht es auch der Regisseur, das vor allem aufs Amüsement des Publikums abzielt: „Das Stück macht Spaß und gute Laune.“ Und zeige, dass Unterhaltung auch intelligent sein könne: „Im Rössl geht es auch um einsame Menschen, um Menschen, die suchen: Einige wollen das Glück kaufen, andere wollen das Glück verkaufen.“

Vorurteile gegen die Operette mit ihren zahllosen melodienseligen Ohrwürmern wie „Im Salzkammergut, da kann man gut lustig sein“, „Was kann der Sigismund dafür, dass er so schön ist“ oder „Die ganze Welt ist himmelblau“ plagten bislang auch Bühnenbilder Etienne Pluss: „Ich dachte an österreichischen Kitsch, war dann aber nach dem Werkstudium überrascht.“ Pluss verspricht eine lichterglänzende Revuebühne mit viel Bewegung, ohne zu großen Realismus.

Fesche Dirndl und Lederhosen wird es auf jeden Fall geben, soviel folkloristisches Kolorit muss sein.