Drogensüchtiger 32-Jähriger überfiel Tankstelle und raubte 1900 Euro. Drei Jahre Haft, aber Landgericht Essen setzt Haftbefehl außer Vollzug.

32 Jahre alt ist er und führte bislang ein bürgerliches Leben. Jetzt sitzt er vor der VI. Essener Strafkammer, wird zu drei Jahren Gefängnis verurteilt, weil er die Eller-Montan-Tankstelle an der Lindenstraße überfallen hat. Vor dem Urteil gibt er sich reumütig: „Ich hatte ein gutes soziales Umfeld. Ich weiß nicht, warum ich so asozial wurde.” Als schwarzes Schaf der Familie bezeichnet der Frisör sich, macht schließlich den Tod des Vaters 2001 als Wendepunkt aus. Danach habe er den Faden verloren, habe Drogen genommen.

Schulden beim Dealer hätten ihn schließlich zum Überfall am 9. Februar um 22 Uhr gedrängt. Dass der Dealer, so wie der Angeklagte behauptete, ihn direkt angeleitet habe, in die Tankstelle zu gehen und vorher wegen der Fingerabdrücke Latex-Handschuhe anzuziehen, nimmt die Kammer ihm allerdings nicht ab.

Als er mit einem großen Messer in der Hand die Tankstelle betrat, hatte die 19 Jahre alte Kassiererin gerade 1000 Euro aus der Kasse genommen und war dabei, die Scheine in eine Geldbombe zu legen. Ohne mit dem Messer drohen zu müssen, entriss er ihr dieses Geld und nahm weitere Scheine aus der Kasse. Er flüchtete danach, blieb allerdings nicht unerkannt. Die 19-Jährige erkannte ihn später auf Fotos wieder. Ganz professionell ging er nicht vor. Auf dem Video der Überwachungskamera sei er prominent zu sehen, erinnerte Richterin Jutta Wendrich-Rosch. Selbst zur Beweissicherung trug er bei. „Mit der Kappe hätten Sie im Zirkus auftreten können”, hielt die Richterin ihm seine auffällige Mütze vor. Denn genau diese Mütze, die auf dem Video zu sehen war, fand die Polizei in seiner Wohnung.

Staatsanwalt Marcus Schütz hatte ebenfalls drei Jahre Haft beantragt, wollte den Angeklagten aber weiter im Gefängnis sehen. Die Kammer ließ Milde walten, setzte den Haftbefehl außer Vollzug. Sie honorierte, dass er das Messer nicht drohend eingesetzt habe. Zwar verfüge er nur über wenig familiäre Bindung, das Gericht glaube aber nicht, dass er fliehen werde. Der 32-Jährige versicherte sofort, auf keinen Fall an Flucht zu denken. Die Richterin: „Was sollen Sie vor Gericht auch anders sagen?” Die Kammer glaube aber, dass die Aussicht auf offenen Vollzug ihn von der Flucht abhalte. -ette