Als Gottesdiensthaus wurde sie nach vierjähriger Sanierung 1996 von der Evangelischen Kirchengemeinde Bismarck nicht mehr gebraucht. Vom Abstellgleis aus hat die Bleckkirche eine beispiellose Erfolgsgeschichte hingelegt. Heute, 15 Jahre später, genießt die älteste noch erhaltene Kirche Gelsenkirchens einen Ruf als renommierte Kulturherberge. Am Sonntag hat Pfarrer Thomas Schöps die Wegbegleiter der Kulturkirche zu einem erinnerungsreichen Empfang eingeladen.

„Ich bin ja gewohnt, dass ich vieles hier alleine mache“, scherzt Pfarrer Schöps als er vor seiner Begrüßung der Gäste noch schnell das Mikro hinter den Kulissen einschaltet. „Aber zum Glück nicht das meiste“, ergänzt der Mann, der seit 15 Jahren das Projekt „Bleckkirche – Kirche für die Stadt“ erfolgreich leitet. In der Tat: Zweidrittel aller Eingeladenen waren dem Ruf des Pfarrers gefolgt. Vor allem Kulturschaffende, also diejenigen, die in den vergangenen 15 Jahren auf der Bühne „das Meiste“ gemacht haben, waren gekommen. Zu den Vertretern aus Politik und Verwaltung gesellten sich Mitglieder der Jüdischen Kultusgemeinde und des Ditib-Moscheevereins. Im Kulturhauptstadtjahr stellten Christen, Juden und Muslime mit dem Projekt „Synagoge-Kirche-Moschee – Dialog der Erscheinungen“ einen Höhepunkt in der Geschichte der Kulturkirche auf die Beine. Allein 2010 kamen 15 000 Besucher in die Bleckkirche. „Wir fördern den Austausch der Kulturen, der hoffentlich immer auf Augenhöhe geschieht“, so Thomas Schöps.

An den Dialogauftrag und 15 Jahre interkulturelle und interreligiöse Arbeit erinnerte auch Rüdiger Höcker, Superintendent des Evangelischen Kirchenkreises Gelsenkirchen und Wattenscheid. „Auf diesen religiösen Reichtum können wir stolz sein.“ Genau so wichtig sei, dass die Bleckkirche als Ort für Taufen und Hochzeiten bis heute erhalten geblieben ist. Zählt man diese Besucher dazu, kommt die Kirche auf rund 40 000 Gäste in 15 Jahren.

„Die Bleckkirche ist ein Ort, der offen ist für alle Bürger unserer Stadt“, lobte Bürgermeister Klaus Hermandung in seinem Grußwort. Als „Kirche für die Stadt“ sei die Bleckkirche stets ihrer Aufgabe als Kulturvermittler gerecht geworden. Nicht wenige der rund 4000 Künstler, die in der Kirche bislang ihren Auftritt feierten, hat der ehemalige WAZ-Kulturredakteur Hans-Jörg Loskill journalistisch begleitet. In einem ausführlichen Vortrag erinnerte der 67-Jährige an Sternstunden der Bleckkirche und an die Bedeutung der Einrichtung für die Stadt. Loskill hob den Stellenwert des urbanen, religiösen Umfeldes der Kirche, die Symbiose von Kirche und Kultur sowie die vielen verschiedenen Künstler und ihre Genres hervor.

Musikalischer Begleiter der ersten Stunde ist das Renaissance- und Barock-Ensemble „Convivium musicum Gelsenkirchen“. Mit Kammermusik des 18. Jahrhunderts entführten die Musiker die Besucher auch am Sonntag in die Anfangsjahre der Kirche. Von allen Gastrednern gab es ein besonderes Lob für die Arbeit von Pfarrer Thomas Schöps. Hans-Jörg Loskill stellvertretend: „Wir haben der Bleckkirche und dem Schöps-Konzept viel zu verdanken.“