Gelsenkirchen. Wo sonst an Samstagen höchstens eine Melange aus Schweiß und Bierdunst durch die Luft weht, stinkt es nach Abgasen, Benzin, Öl und verbranntem Gummi.

Anstatt der Fußball-Knappen stehen PS-starke Boliden in den Startlöchern und statt Trompeten-Willis Signal zur Attacke dröhnen Startsirenen – zusammen mit dem ohrenbetäubenden Krach der Motoren. Es ist Zeit für die „TV Total Stock Car Crash Challange“ in der Veltins-Arena.

Entertainer und Marketingexperte Stefan Raab hat eine Riege mehr oder minder Prominente um sich geschart, die im Laufe des rund fünfstündigen Abends nach allen Regeln der Kunst Autos in ihre Bauteile zerlegen. Wer wo und wann und für welches Team durchs Rund im Innenraum prescht, ist eigentlich egal – abgesehen von den Ludolfs, den putzigen Schrotthändlern aus dem Odenwald, kann in Sachen Popularität ohnehin niemand mit dem Erfinder des Spektakels mithalten.

Stefan Raab – dieser Name, nein, diese Marke steht im Mittelpunkt. Schon bei der Einfahrt lässt sich der Moderator begleitet von niemand geringerem als den Red Hot Chili Peppers und reichlich Pyrozauber gebührend abfeiern, im Rennen wird jede Aktion des Gurus von der Gemeinde frenetisch gefeiert. „Der Kerl macht auch aus - PIEP – Gold“, befindet ein Besucher treffend.

Drumherum wird natürlich noch reichlich Werbung betrieben. In der Kommentatorenkabine wird man nicht müde, die Sponsoren der Teams ins Feld zu führen (u.a. waren wohl Hersteller von Damen- und Herrenoberbekleidung und Onlineportale für italienische Lebensmittel dabei). Ja, selbst die Konstrukteure der kleinen Gabelstapler, die immer wieder ausrücken müssen, um fahruntüchtigen Schrott von der Piste zu schleppen, kommen zu Ehren.

Willkommen in der Dauerwerbesendung.

Natürlich gab es auch diverse Rennen zu sehen. In unterschiedlichen Klassen „duellierten“ sich die Schauspieler, Musiker, Sportler und sogar Köche in den Loipen, rammten Beulen und Dellen in anderer Leute Blechkisten und hebelten auch gerne mal die Schwerkraft des Gegners aus.

Damit niemand zu Schaden kam, gab es Regeln, die artig vor jedem Rennen erläutert wurden, aber das und die (Regeln) interessierten am Ende genauso wenig, wie die Resultate des „Motorsportereignisses des Jahres“ (Devotionalien anpreisender Jingle auf dem Videowürfel). Hauptsache, es wurde reichlich Kleinholz, Pardon, Blechklumpen hergestellt.

Immerhin, diese gänzlich sinnfreie Zerstörungsorgie lockte erneut über 50 000 Zuschauer in den Schalker Fußballtempel, und die hatten ihren Spaß. Etliche waren augenscheinlich Tuningfans und kannten sich aus. Typische Pausengespräche verliefen so: „Hömma! Dat is’ ja wohl ‘ne Maschine. Wat für’n geiler Sound da rauskommt.“ Bei manchem kam Neid auf: „Da würde ich auch gerne mal mitfahren.“

Ob es dann der tatsächlich der „vermutlich schönste Abend Ihres Lebens“ (wieder der bereits oben erwähnte Jingle) war, sei am Ende mal dahingestellt. Ein Fan sah es so: „Auf jeden Fall war dat noch geiler als im vergangenen Jahr.“ Na also!