Gelsenkirchen. Das sind echte Tafelfreuden. Apfelmarmelade mit Marzipan, süßsaure Kürbissuppe, Hagebuttengelee, eingemachte Schnippelbohnen. „Das alles konnten wir bislang in unseren Tafelläden nicht anbieten“, freut sich Sigrid Weiser, Vorsitzende der Gelsenkirchener Tafel e.V.
Jetzt reihen sich bunte Gläser voller gesunder und haltbarer Köstlichkeiten in den Regalen. Möglich macht das ein Projekt der Gafög, der Arbeitsförderungsgesellschaft.
„Am Anfang stand die Idee, mehr Arbeitschancen für Frauen zu schaffen“, erinnert sich Birgit Lettau von der Gafög. Und zwar für die so genannten Best Ager, potenzielle Arbeitskräfte jenseits der 50. Nun ist aus dieser Idee eine Arbeitsmaßnahme mit dem Tätigkeitsbereich Hauswirtschaft entstanden. Unter der Anleitung von Hauswirtschaftlerin und Ökotrophologin Stephanie Emde lernen 17 Frauen im Alter zwischen 50 und 56 Jahren die Finessen der Küche.
Eine von ihnen ist Siegrid Mekelburg. Die 56-jährige Hausfrau hat in ihrem Leben schon unterschiedliche Jobs gestemmt, unter anderem als Gastwirtin. Das Gafög-Projekt bietet ihr die Chance, wieder ins Arbeitsleben hineinzuschnuppern: „Ich habe bislang ein Menge gelernt, außerdem neue Kontakte geknüpft.“
Die kochenden Frauen bilden eine internationale Gemeinschaft, einige Teilnehmerinnen kommen aus der Türkei, aus Russland, Bulgarien und dem Iran. Mekelburg: „Das kommt den Produkten zugute, wir tauschen viele Rezepte aus.“ Kollegin Nesia Seker findet Gefallen an der Arbeit, die nun bedürftigen Menschen zugute kommt und stellt stolz das Glas mit Kürbis-Kokos-Brotaufstrich auf den Tisch.
Alle Ergebnisse der Kochschulung stehen jetzt in den Gelsenkirchener Tafelläden. Für deren Kunden eine echte Bereicherung. Denn Tag für Tag landen ganz unterschiedliche Lebensmittel in den Lagern. „Da gibt es manchmal auch Enttäuschungen, wenn nicht viele frische Sachen da sind“, weiß Sigrid Weiser. „Darum ist es toll, dass wir nun an solchen Tagen unsere Regale mit haltbaren Produkten auffüllen können.“
Die 17 Frauen, die für diese Köstlichkeiten sorgen, machen nicht nur selbst ein, sondern sammeln auch fleißig, wo immer es geht, Weck- und Marmeladengläser. Einige der arbeitslosen Frauen waren früher selbst Kundinnen der Tafel. Heute können sie einiges zurückgeben. Ein gutes Gefühl, sagen sie.
Obst und Gemüse kommt von edlen Spendern, von Höfen und Kleingärtnern, die die Tafel gern unterstützen. An diesen Produkten arbeiten viele Hände mit. Wie sieht gesunde Ernährung aus? Auch das wird den Teilnehmerinnen während der Arbeitsmaßnahme vermittelt.
Siegrid Mekelburg zum Beispiel sagt heute: „Ich habe früher nie Marmelade eingekocht, heute weiß ich erst, wie gut die schmeckt.“ Und Sigrid Weiser weiß: „Manche Kunden wissen gar nicht mehr, was man aus frischen Produkten machen kann, die kennen nur noch Gläser und Dosen aus dem Supermarkt.“ Für diese Fälle halten die ehrenamtlichen Tafelmitarbeiter inzwischen Rezepte bereit. Oder geben Tipps, wie Kartoffeln gekocht werden.
Das tägliche Brot und mehr holen sich inzwischen Menschen aus allen Alters- und Gesellschaftsschichten bei der Tafel. Auch arbeitslose Akademiker reihen sich hier längst ein.
Möglich wird das Angebot allerdings nur durch die vielen Spender, darunter rund 100 Discounter, die täglich angefahren werden, und durch die ehrenamtlichen Helfer. Zwischen 90 und 110 packen regelmäßig mit an, darunter auch Tafel-Kunden.
Brücke zwischen
Überfluss und Mangel
Finanziell stehen die Tafeln auf drei Säulen: Das sind Mitgliedsbeiträge der Vereinsmitglieder, die Spenden und schließlich die kleinen Beiträge der Kunden.
Sigrid Weiser formuliert die Aufgabe der Tafel so: „Wir sind die Brücke zwischen Überfluss und Mangel.“