Wo sozial drauf steht, muss sozial drin sein. Aber, woran lässt sich der Status eigentlich messen, ab wann verdient die Differenz zwischen Normalpreis und Ermäßigung das Attribut sozial? Darüber lässt sich trefflich streiten.
Bestes Beispiel: das Sozialticket. Mit 29,90 Euro zwar knapp unter der 30-er Marke, ist das Nahverkehrsticket nicht unbedingt ein sozialer Fahrausweis. Weil man dabei eben nicht vergessen darf, dass die Preisstufe A, für die ein Monatsticket im Regelfall um die 60 Euro kostet, nur zu Fahrten innerhalb der Stadtgrenzen berechtigt. Ein Besuch bei der Tante in Bochum oder der Trip zum Opa nach Essen kostet einen Extra-Fahrschein Stufe B (Regelpreis einfach: 4,70 Euro). Ist das sozial?
Mobilität gehöre für alle Bevölkerungsschichten zu einer aktiven Teilhabe an der Gesellschaft, tönte es Anfang August aus dem Düsseldorfer Verkehrsministerium, nachdem das Land die Ampel für günstiges Fahren mit dem Sozialticket auf Grün gestellt hatte. Ob bei der Entscheidung auch nur ein Politiker den Hartz-VI-Regelsatz kennt? In dem sind nämlich nur knapp 23 Euro monatlich für Bus und Bahn vorgesehen. „Sozial“ ist also 7 Euro teurer.
Wohl auch vor diesem Hintergrund gilt die Devise: Besser den Spatz in der Hand als die Taube auf dem Dach. Anders gesagt: Die – mit Ausnahme von BBG und FDP – breite politische Zustimmung darf als Kompromissabnicken gewertet werden, ohne das ein Sozialticket in dieser Stadt mit ihren rund 62 000 Anspruchsberechtigten gar nicht erst eingeführt werden könnte. Es bleibt also ein fader Beigeschmack. Und die Befürchtung, dass der Personenkreis, für den das „Sozial“ auf dem Ticket steht, keinen Gebrauch von der vergünstigten Teilhabe an innerstädtischer Mobilität macht ...
Um Teilhabe geht es im weitesten Sinne auch bei anderen Themen, die Gelsenkirchen zurzeit bewegen. Die Möglichkeiten des Bildungs- und Teilhabepakets sind bei vielen Menschen angekommen, die Bearbeitung der Anträge gerät langsam aber sicher in ruhigeres Fahrwasser. Uneingeschränkte Teilhabe behinderter Menschen am gesellschaftlichen Leben steht dagegen noch am Anfang. Von der inklusiven Gesellschaft ohne jegliche Barrieren sind wir meilenweit entfernt.
Und sonst? Der Sommer kehrt im Herbst zurück. Wer frei hat, kann am Wochenende daran teilhaben. Viel Spaß dabei.