Gelsenkirchen. Ein inklusives Schulsystem für Gelsenkirchen wird kommen, soviel ist sicher. Allerdings gibt es noch diverse Hürden zu nehmen. Das wurde bei der Informationsveranstaltung der GEW am Mittwochabend im Berufskolleg an der Königstraße deutlich.

Paragraf 24 der UN-Konvention für Menschen mit Behinderungen beschäftigt sich mit dem inklusiven Bildungssystem auf allen Ebenen und dem Recht aller auf gleichberechtigten Zugang zu allen Schulen und Bildungseinrichtungen. So wichtig und richtig das Ziel unbestritten ist, so schwer ist allerdings der Weg dorthin.

Um Inklusion, Ist-Stand und mögliche Zukunft ging es bei der Informationsveranstaltung der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) am Mittwochabend. Stadtverbandsvorsitzender Lothar Jacksteit wies eingangs auf die aktuell schwierige personelle Ausgangslage hin: Lehrer seien heute schon vollkommen ausgelastet, kaum einer erreiche die normale Altersgrenze, viele Kollegen würden vorzeitig den Dienst quittieren. Was Inklusion – also den Einschluss aller Schüler ungeachtet körperlicher oder geistiger Handicaps – für die Schule bedeutet, veranschaulichte Gerd Weidemann vom GEW-Landesverband NRW den Zuhörern. Und stellte zunächst fest: „Inklusion ist kein Problem der Förderschule, sondern der Regelschule.“

Laut Landtagsbeschluss vom 1. Dezember 2010 solle die UN-Konvention im Bildungsbereich umgesetzt werden. Von Kindertageseinrichtungen oder anderen Lebensbereichen sei in dieser Vorgabe nicht die Rede. Weidemann zitierte eine Kernaussage des Gesetzgebers: „Die allgemeine Schule soll der Förderort behinderter Kinder werden.“

Ein Inklusionsplan, der ab 2012 umgesetzt werden soll, beschreibe den Übergang vom trennenden System in die Schule für alle. „Wir fordern klare Ziele, Zeitvorgaben und die Ermittlung der erforderlichen Ressourcen“, zählte Weidemann gewerkschaftliche Forderungen auf. Seinen Worten zufolge liefen zurzeit vehemente Bestrebungen, integrative Lerngruppen an Regelschulen voran zu treiben. „Und damit beginnt der Abwerbungsprozess an Förderschulen.“ Weil es ohne entsprechende Pädagogen eben nicht gehe.

Keine Frage, vor der Realisierung müssen noch diverse Hindernisse aus dem Weg geräumt werden. Unter anderem auch die finanzielle Barriere. Dr. Manfred Beck beschrieb es als zuständiger Dezernent so: „Was hier passiert, ist tatsächlich ein Neustart, ein riesiges Umdenken in dieser Gesellschaft.“ Grundsätzlich gehe er davon aus, dass man dem Elternwillen in Gelsenkirchen gerecht werde. Und „Das tun, was wir noch leisten können“, ist nach Worten Becks Ziel der Stadt bei der Umsetzung eines inklusiven Schulsystems in Gelsenkirchen. Dieses „Leisten“ bezog er auf die finanzielle Gestaltung schulischer Inklusion. Denn: „Es ist ein Konnexitätsfall: Bund und Land haben bestellt, können aber nicht bezahlen.“

In vier Grundschulen werde heute integrativer Unterricht angeboten. Außerdem in der Mulvany-Realschule und in der Gesamtschule Berger Feld. Ursprünglich sei geplant, in allen Stadtteilen sukzessive eine inklusive Grundschule anzubieten. In der anschließenden Diskussion wurde schließlich unter anderem die Frage laut: „Inklusion ja – aber wo? In einer Schule, die 100 Jahre alt ist und die keine Behindertenzugänge hat?“ Wie sagte Gerd Weidemann: „Es ist notwendig, das Inklusionsverfahren zu entschleunigen.“