Der Hauch des Rätselhaften umweht in der neuen Spielzeit die Produktionen des Musiktheaters im Revier. Schließlich lautet das Motto „Europa braucht das Geheimnis“. Ein wenig gelüftet wurde allerdings so manches Geheimnis bereits am Sonntagabend, als sich der Theatervorhang für die traditionelle Gala zur Spielzeiteröffnung hob. Über drei Stunden lang machten die Künstler mit bekömmlichen Häppchen aus Oper, Operette, Musical und Ballett äußerst kunstvoll und abwechslungsreich Appetit auf mehr.

Die Menschen im prall besetzten Großen Haus ließen sich so manches Schmankerl auf der Zunge zergehen, schwelgten in schönen Melodien, genossen aber auch durchaus schwere Kost. So mancher fand gerade am Ungewöhnlichen, am Neuen, am Geheimnisvollen Gefallen. Generalintendant Michael Schulz führte als launiger Moderator informativ durchs Programm und durchleuchtete die Konzeption der neuen Saison. Mehrwert durch Hintergrundwissen – das kam an.

Einer der Höhepunkte der Gala war, wie bereits berichtet, die Verleihung des 14. Gelsenkirchener Theaterpreises, den alljährlich die Sparkasse stiftet. Den mit 7500 Euro dotierten Preis teilen sich die Regisseurin Elisabeth Stöppler und der Sänger Joachim Gabriel Maaß. Für die Jury lobte Klaus Hermandung, kulturpolitischer Sprecher der CDU-Ratsfraktion, den Bassisten: „Dieser Sänger-Schauspieler fand mit dem Tevje im Musical Anatevka seine Traum- und Paraderolle.“ Aber nicht nur für diese herausragende Darstellung, sondern für seine gesamte künstlerische Leistung am MiR, dem Maaß seit 1988 angehört, erhielt der Sänger den Theaterpreis.

Die aus Hannover stammende Elisabeth Stöppler überzeugte die Juroren mit ihrem Benjamin-Britten-Triptychon aus „Peter Grimes“, „Gloriana“ und „War Requiem“. In ihrer Laudatio hob die Jury hervor: „Stöppler benutzt nicht die grellen Überzeichnungsoptionen des Regietheaters. Ihr gelangen minuziöse, prägnante und aufregende Szenarien um menschliche Schwächen und Größen.“ Sparkassenchef Bernhard Lukas überreichte die Preise und versprach: „Wir werden dem Musiktheater auch weiter zur Seite sehen.“

Beide Preisträger wird das Publikum auch in der nun eröffneten Spielzeit erleben können. Elisabeth Stöppler inszeniert Antonin Dvoraks Oper „Rusalka“ (ab 29.4.), mit deren Polonaise die Neue Philharmonie Westfalen schmissig ins Gala-Programm startete. Maaß steht unter anderem in der Albeniz-Oper „Merlin“ auf der Bühne (ab 8.10).

Ein Wiederhören gibt es auch mit Giacomo Puccinis „La Boheme“, eine Wiederaufnahme allerdings mit komplett neuer Besetzung (ab 11.2.). Wie herrlich die klingen wird, demonstrierten Petra Schmidt und Piotr Prochera beeindruckend mit der Arie „Mimi!“ Freuen darf man sich sicherlich auch auf Richard Strauß’ gewaltige „Salome“ (ab 20.5.), eine rein konzertante Produktion, eine Herausforderung für Orchester und Solisten. Majken Bjerno und Bjorn Waag ernteten die ersten Bravos für die wunderbare Kostprobe „Wird Dir nicht bange“.

Es wäre ein Wunder, würden diese zwei Produktionen nicht zu Publikumsrennern: „Im weißen Rössl am Wolfgangsee“ (ab 12.11.) sorgten Christa Platzer, Michael Dahmen und der Opernchor schon mal für musikalische Harmonie, und ein Quintett besang mit ironischem Witz und elegantem Schmelz die „Schöne Isabella von Kastilien“ aus der Inszenierung „Die Comedian Harmonists“ (ab 13.1.).

Spannende und überraschende Momente verspricht die Ballett-Produktion von Annett Göhre: „Goldfisch-Variationen“ nach Johann Sebastian Bachs berühmten Goldberg-Variationen.

Von den vielen Kostproben seien noch zwei genannt: Sopranistin Sylvia Koke, kurzfristig eingesprungen, imponierte und begeisterte mit „Follie, Follie“ aus Verdis „La Traviata“ (ab 17.12.), Almuth Herbst, Christa Platzer, Anke Sieloff und Piotr Prochera besangen in Musicalmelodien „Die Hexen von Eastwick“.

Dass sich so manches Stück als echter Publikumshit empfiehlt, ist nun auf jeden Fall kein Geheimnis mehr.