Gelsenkirchen. Sieben bunte Fenster aus der alten Synagoge schmücken das obere Foyer in der Neuen Synagoge an der Georgstraße in Gelsenkirchen.

Der Gelsenkirchener Künstler Walter Klocke (1887-1965) hat zahlreiche Fensterspuren in der Stadt hinterlassen: Nicht nur die Fenster im Innenraum der Propsteikirche St. Augustinus und die Fenster der St. Joseph-Kirche in Schalke gestaltete er, sondern auch die Fenster des 1958 eingerichteten jüdischen Bethauses an der Von-der-Recke-Straße. Und diese sind inzwischen mit in die Neue Synagoge an die Georgstraße 2 umgezogen, wo sie - illuminiert - einen Ehrenplatz auf der ersten Etage gefunden haben.

„Leider können diese Fenster nicht mehr als Außenfenster genutzt werden, da sie nicht aus Sicherheitsglas bestehen und zu dünn sind“, erklärt Judith Neuwald-Tasbach, die Vorsitzende der jüdischen Gemeinde in Gelsenkirchen, mit Bedauern. „Aber zum Glück sind uns die Fenster beim Umzug in die neue Synagoge dennoch erhalten geblieben - und sie haben einen ganz besonderen Platz bei uns gefunden“, sagt sie dann.

Wenn man nun die Treppe zum Obergeschoss der Neuen Synagoge hochsteigt, läuft man, kurz bevor man zum Betraum abbiegt, direkt auf die bunten Synagogenfenster zu. Sieben Stück sind es, zusammengesetzt aus vielen kleinen Stücken bemaltem Bleiglas.

Die Anzahl der Fenster ist dabei nicht zufällig gewählt: Die Ziffer 7 steht im jüdischen Glauben für die göttliche Zahl der Vollkommenheit, Walter Klocke hat sich auf diese sieben Fenster beschränkt, um mit den wichtigsten religiösen Symbolen kleine Geschichten zu erzählen.

„Mir persönlich bedeuten die Bilder sehr viel, weil ich alle diese Symbole und die Geschichten, die dahinter stecken, schon aus meiner Kindheit kenne“, erklärt Judith Neuwald-Tasbach - und zeigt das erste Fenster, ganz links, auf dem Matzenbrote, Weinflaschen, ein Kelch und ein geöffnetes Buch zu sehen sind. „Dieses Fenster zeigt die Symbole des Pessach-Festes. Der Becher wird dabei für den Propheten bereitgestellt“, erläutert Neuwald-Tasbach.

Das zweite Fenster zeigt zwei Löwen, die steinerne Tafeln halten. „Hier geht es um die zehn Gebote, der Korb mit Früchten am unteren Bildrand steht für das Erntedankfest“, sagt die Fachfrau. Gewidmet ist das Fenster dem Schawuot.

Gleich zwei Feste, Rosh Haschana und Jom Kippur sind auf Fensterbild Nummer 3 zu sehen. „Denn an diesem Tag wird Gott Euch versöhnen“, steht dort in hebräischen Schriftzeichen geschrieben. Dazu brennt das ewige Licht und zwei Hände reichen sich die Hand. Eine Friedenstaube scheint am oberen Bildrand aufzusteigen. „Es ist schon erstaunlich, dass Walter Klocke es geschafft hat, mit ganz wenigen Bildern genau die Substanz der Festtage einzufangen“, meint Neuwald-Tasbach. „Walter Klocke, der ja selbst katholisch war, hatte dabei einen jüdischen Experten aus Münster, Wolf Gerstel, zur Seite. Dieser hat ihm sicherlich die Symbolik nahe gebracht.“

Umgesetzt wurden Walter Klockes Entwürfe dann später in Paderborn von der Glasmalerei Peters, die es übrigens heute noch gibt. 1958 wurden sie in dem alten jüdischen Bethaus an der Von-der-Recke-Straße 9 installiert.

Viele Kerzen und ein Kreisel, ein so genannter Dreidel, sind auf dem vierten Synagogenfenster abgebildet. Ganz klar, hier geht es um Chanuka, das jüdische Fest, das dem christlichen Weihnachten am nächsten ist.

Gedenke des Schabbats

Das Sukkot, oder Laubhüttenfest, hat Walter Klocke auf dem fünften Fenster eingefangen - unschwer zu erkennen an dem Zweig, der weit in das Bild hineinragt - aber auch eine Zitrone ist zu sehen.

Direkt daneben dominiert die Ester-Rolle das Bild vom sechsten Fenster, auch eine Rassel und eine Maske sind zu sehen: Erinnert wird an das Purimfest. Ganz am Ende der Reihe findet sich das Fenster zum Schabbat, „Gedenke des Schabbats“ mahnt die Schrift auf dem Gebetsschal, der die traditionellen Zopfbrote verdeckt. Hier sind die Kerzen bereits entzündet, und auch der Weinkelch steht bereit...