Gelsenkirchen.
Sie ist Chirurgin und Orthopädin, Geburtshelferin, Anästhesistin, Apothekerin und Hausärztin. Dr. Pia Krawinkel ist eine Frau für alle medizinischen Fälle und alle tierischen Felle. Als Ärztin in der Zoom Erlebniswelt kuriert sie kleine Fische und große Tiere, eine dicke Lippe riskieren die meisten Patienten bei ihr aber meistens nicht.
Stattdessen werden Schimpanse, Eisbär und Giraffe eher klein mit Hut, wenn sie die Ärztin entdecken. „Besonders die Menschenaffen erkennen mich ganz genau“, weiß die 47-jährige Tiermedizinerin aus Leidenschaft. „Und die gucken genau hin, ob ich ein Blasrohr mit einer Betäubungsspritze in der Hand habe oder nicht.“ Denn die Spritze mögen auch die meisten Vierbeiner nicht.
Seit 17 Jahren in der Zoom Erlebniswelt
Dr. Pia Krawinkel, Fachtierärztin für Zoo- und Wildtiere, kennt den Zoo und seine Bewohner aus dem Eff-Eff. Seit 17 Jahren kümmert sie sich hier um gefiederte, geschuppte und pelzige Patienten. Vor dem Studium lernte die Gladbeckerin den Alltag im Zoo zunächst als Tierpflegerin kennen, bevor sie dann in Gießen das Studium begann. Ihre Doktorarbeit schrieb sie unter der Sonne Mallorcas: „Im Safaripark Sa Coma habe ich Daten über die Straßenbrut gesammelt.“ Mit Erfolg.
Dann kam das Glück hinzu: Zum richtigen Zeitpunkt war im Gelsenkirchener Ruhrzoo eine Stelle frei. Seitdem hegt und pflegt die Ärztin alles, was da kreucht und fleucht: „Anfangs vor allem sehr alte Tiere.“ In einer bereits angestaubten Anlage. Die Tierärztin hat den Umbau vom Ruhrzoo in die Zoom Erlebniswelt aktiv begleitet, „vom ersten Zeichenstrich bis zur Fertigstellung“: „Das war eine faszinierende Zeit.“
Ärztin für jeden Kontinent
Zu ihrem Arbeitsplatz in der Veterinärstation gehört neben dem Schreibtisch der Behandlungsraum und Operationssaal, die Apotheke, das Labor und die Quarantänestation. Ansonsten ist Dr. Pia Krawinkel unterwegs in Afrika, Alaska und Asien: „Der Morgen startet mit dem Gespräch mit den Tierpflegern.“ Die geben weiter, wo welchem Tier der Schuh drückt, wo Auffälligkeiten zu beobachten sind, wo Geburten erwartet werden. Dann stehen Patientenbesuche an: „Die Prophylaxe zum Beispiel nimmt einen großen Raum ein.“ Zootiere leiden immer wieder an Parasiten.
Höhepunkt war Geburt von Giraffenbulle Hans
Hier muss einem Bären Blut abgenommen werden, dort lahmt ein Zebra, ein Affe hat sich an der Hand verletzt. Arbeit gibt es für die Medizinerin immer. Zu den Höhepunkten ihres Berufslebens zählt sie die glückliche Geburt von Giraffenbulle Hans, der von seiner Mutter fast zu Tode getrampelt wurde: „Heute wiegt er schon über 140 Kilo.“Aber es gibt auch schwierige Momente im Leben einer Zootierärztin, die über Leben und Tod nämlich: „Wenn man entscheiden muss, ob ein Tier eingeschläfert werden muss, das ist schwer.“ Nicht bei einer akuten Verletzung, wenn die Tragweite der Schmerzen offensichtlich ist: „Aber wenn man Leid und Schmerzen zum Beispiel bei einem alten Tier beurteilen soll.“
Und es gibt wie bei Humanmedizinern richtig schwierige Patienten: „Die Menschenaffen sind gute Schauspieler. Wenn der Pfleger noch festgestellt hat, dass einer humpelt, hört der sofort auf, wenn er mich sieht.“ Allzu menschlich eben.