Essen. Einer 74-jährigen Frau hatte er die Tasche entrissen und sie dabei zu Fall gebracht. Strenge Worte musste der 23-jährige Gelsenkirchener sich dafür von der XVII. Essener Strafkammer anhören. Mit eineinhalb Jahren Haft mit Bewährung kam er aber milde davon.

„Das ist ihre letzte Chance“, warnte Richterin Gabriele Jürgensen den jungen Mann, der an Schizophrenie leidet und unter Betreuung steht. Seine Schuldfähigkeit zur Tatzeit war durch die psychische Erkrankung aber nicht beeinträchtigt. Er selbst hatte freimütig erklärt, dass er Geld gebraucht hätte. Die inneren Stimmen, die ihm sonst Befehle geben, hätten keine Rolle gespielt. Auch mit den Symptomen seiner Krankheit geht er locker um: „Bei mir redet jemand im Kopf. Ich weiß nicht, ob das eine Krankheit ist.“

Vorstrafen hat er, eine schwierige Pubertät hinter sich. Regelmäßig gearbeitet hat er seit seiner Schulzeit nicht. Am 29. Januar greift er nachmittags die 74-Jährige in ihrer Wohnstraße in der Nähe des Hauptbahnhofes an. Er reißt zweimal an der Handtasche. Die Frau stürzt zu Boden, blutet am Kopf und erleidet durch den Aufprall eine Gehirnerschütterung.

Ein 26 Jahre alter Verkäufer beobachtet den Raub. Der türkischstämmige Mann setzt sofort zur Verfolgung an, hetzt nach eigenen Worten fast einen Kilometer hinter dem sportlichen, aus Namibia stammenden Räuber her. Dann hat er ihn. Richterin Jürgensen lobt den Zeugen für sein beherztes Eingreifen, das zur Festnahme des 23-Jährigen führte. Der wehrt ab, sagt, das sei doch selbstverständlich: „Hätte doch auch meine Oma sein können.“

Der Angeklagte muss sich noch für einen weiteren Raubüberfall verantworten. Gemeinsam mit einem mittlerweile untergetauchten Komplizen soll er zwei junge Gelsenkirchener wenige Stunden später in der Nähe des Hauptbahnhofes überfallen haben. Doch das Wiedererkennen durch ein Opfer reicht nicht für eine Verurteilung. Zweifel bleiben.

Ein halbes Jahr hat der Angeklagte in U-Haft gesessen. Das Gericht hofft, dass diese Zeit ihn beeindruckte und er die Bewährung durchsteht. 300 Stunden Sozialarbeit muss er zusätzlich leisten.