An der Basis der katholischen Kirche brodelt es. Und das nicht erst seit dem Missbrauchsskandal. Zölibat, Kirchenschließungen, die Verweigerung des Sakraments der Ehe für Geschiedene, das sind nur einige der Themen, die den Menschen heiß auf den Nägeln brennen. So mancher kehrt der Kirche irgendwann frustriert den Rücken.
Der Diözesanrat im Bistum Essen, die Vertretung der Laien, schlägt einen anderen Weg vor: Alle Probleme auf den Tisch legen und drüber reden. Und lädt ein zur Aktion „Auf! Ruhr Bistum“. Gelsenkirchen macht mit bei dem Projekt, das nicht von ungefähr wie „Aufruhr“ klingt. Kritik ist ausdrücklich gefragt!
Klaus Hermandung, Vorsitzender des Katholikenrates, und der Probst der St. Urbanus-Gemeinde, Wilhelm Zimmermann, betonten gestern unisono: „Wir wollen klären, wie Kirche Zukunft haben kann. Das kann nur in einem offenen Prozess gelingen.“
Gemeinden sammeln Stimmen
Also sammeln die Gemeinden im Bistum Stimmen. Ein Anfang ist bereits gemacht. Unter anderem in St. Urbanus in Buer und in St. Hippolytus Horst wurden Fragebogen an die Gläubigen verteilt. „Mit einer hohen Rücklaufquote“, freut sich Propst Zimmermann. Das Interesse daran, Kritik deutlich zu äußern und an Veränderungen mitzuwirken, sei da.
Der Gelsenkirchener Katholikenrat wird die Ergebnisse dieser Initiative bis zum Ende des Jahres sammeln und dann dem Ruhrbischof präsentieren. Der hatte allerdings bereits dafür plädiert, Themen wie Sexuallehre oder Zölibat auszuklammern, da deutsche Bischöfe keinerlei Möglichkeit zur Änderung hätten.
Klaus Hermandung aber betont: „Es gibt keine Tabuthemen.“ Erste Gelegenheit, ihre Stimme zu erheben, haben Gläubige bereits am Montag, 18. Juli ab 19.30 Uhr bei der offenen Stadtkonferenz in der St. Josef Kirche Schalke. Hier werden Referenten des Diözesanrates informieren, es gibt aber auch Gelegenheit zum Gedankenaustausch und zur Diskussion.
Jeder kann sich äußern
Wer sich nicht öffentlich äußern will: Es werden auch Kärtchen verteilt mit Fragen wie „Was muss sich ändern in der Kirche? oder „Wie hat Kirche im Bistum Zukunft?“
Das Zölibat ist sicherlich ein kontrovers diskutiertes Thema, noch näher dran an den Gläubigen aber sei das Thema Wiederheirat von Geschiedenen, meint Klaus Herdandung. Auch die hierarchische Struktur innerhalb der Kirche oder die Rolle der Frau sei immer wieder ein Stein des Anstoßes.
Dass man auch bei gesammelter Kritik manche Grenze nicht überwinden können wird, darum wissen die Organisatoren der Initiative. Aber, so Propst Zimmermann: „Man kann den Druck erhöhen.“
Zudem: Der Aufruhr betrifft nicht nur die ganz großen Themen der Kirche, sondern auch die ganz konkrete Arbeit in den einzelnen Gemeinden vor Ort.