Gelsenkirchen..
„Political Correctness – da habe ich ein Problem mit.“ Netter Hinweis, aber wenn man bei Kurt Krömer im Auditorium weilt, erwartet man beim besten Willen keine stubenreinen Scherze. Der Berliner ist derbe, laut und dabei irgendwie charmant.
Bei seinem Auftritt in der Kaue zeigt Krömer schon, wo der verbale Hammer hängt, bevor er überhaupt auf die Bühne geht. Beim Zwiegespräch mit dem imaginären Assistenten hinter dem Vorhang muss sich dieser anhören, was der Hauptakteur von seinem Aussehen hält: „Gesichtsmäßig kommt Du Dresden ‘45 ziemlich nahe.“
Alle bekommen ihr Fett weg
Raus auf die Bühne und weiter geht’s im gleichen Stil. Kurt Krömer moppert, poltert – alle bekommen ihr Fett weg: Florian Silbereisen und seine Volksmusikanten („Meine Mutter hat beim Musikantenstadl immer gesagt: Kurti, Sowas kommt dabei raus, wenn Du mit deiner Schwester pennst“), Telekom, FDP – niemand ist vor der Berliner Kodderschnauze sicher.
Nicht mal seine eigene Frau, obwohl er Witzen über die Lebensgefährtin eigentlich abschwören wollte: „Ich mache keine Scherze mehr wie: Mene Frau het sich zwischen de Bene tätowieren lassen. Da steht jetz’: Hier bitte kene Fahrräder abstellen.“ Die Gürtellinie ist hier keinesfalls klare Grenze, sondern ist vielmehr die Ziellinie, die es gilt zu überschreiten.
Nicht mal Kurt ist sicher vor Krömer
Dass es dennoch zumindest gefühlt nie niveaulos wird, liegt an Krömers Charme. Mit verschmitztem Grinsen berlinert er sich durch seine Geschichten („Wenn ick mal fre habe, setz’ ick mir auf den Balkon und schmeiße Steine auf die Oppas vom Seniorentreff nebenan.“). Und auch Kurt Krömer ist nicht sicher vor Kurt Krömer: „Meine Kinder schämen sich für mich. In der Schule erzählen sie, Papa ist tot.“
Nur zu seinem Publikum hat der Comedian ein ambivalentes Verhältnis. Während Zwischenrufer Saures bekommen a la „Kommst Du aus’m Heim?“ oder „Hast Du gerade ein Foto gemacht? Sagt dir Prinz Ernst August was?!“, geht er andernorts auf Schmusekurs. Der Besucher, der extra aus Belgien angereist ist, wird prompt umarmt, und der Blondine aus der ersten Reihe, die zu Beginn der Pause ein Foto mit ihm machen will, macht Krömer eindeutig zweideutige Angebote.
Muss man sehen
Was er sagt, ist allerdings nur die halbe Miete. Man muss Kurt Krömer sehen, wie er Grimassen schneidet, sich immer wieder genervt durch die Haare fährt, zitternd Wasser trinkt und dabei die erste Reihe nass macht oder ins Headset-Mikrofon beißt. Dabei wirkt sein Auftritt – abgesehen von den kurzen Geschichten, die er vorliest – wie eine permanente Improvisation, bei der der Künstler spontan seinen Eingebungen folgt.
Egal, ob er in der Pause erstmal auf der Bühne sitzen bleibt und sich eine Zigarette raucht, oder mit seinen Spickzetteln kokettiert (schließlich ist offiziell in der Kaue die Vorpremiere des neuen Programms „Der nackte Wahnsinn“): Mit einem bestimmten „Ham wa“ setzt zügig Haken unter seine Scherze und Geschichten, als gelte es, eine Liste möglichst schnell abzuarbeiten.
Natürlich wirkt es nur, wie eine spontane Improvisation a la Helge Schneider, aber unterhaltsam ist es allemal. Zwei Stunden Programm kann man auf jeden Fall ohne Programm kaum besser füllen.